Nachträglicher Einbau einer Zentralheizungsanlage – neues Urteil vom LG Berlin II

Nachträglicher Einbau einer Zentralheizungsanlage – neues Urteil vom LG Berlin II

Stellen Sie sich vor, Sie heizen Ihre Wohnung jahrelang mit Elektro-Öfen und plötzlich baut Ihr Vermieter eine moderne Zentralheizung ein. Diese Veränderung kann zu Fragen führen: Wer zahlt die neuen Betriebskosten? Welche Rechte haben Sie als Mieter? Das Landgericht (LG) Berlin II hat in einem aktuellen Urteil vom 22. Januar 2025 (Az. 64 S 21/23) hierzu Klarheit geschaffen. Erfahren Sie, weshalb diese Entscheidung für viele Mieter relevant ist und welche Punkte Sie unbedingt beachten sollten.

 

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Hintergrund: Warum überhaupt eine Zentralheizung?

Der nachträgliche Einbau einer Zentralheizungsanlage ist meist ein großer Schritt zu mehr Wohnkomfort. Bislang haben einige Mieter ihre Wohnungen mit separaten Elektro-Öfen beheizt. Das bedeutete: hohe Stromkosten und oft umständliche Bedienung. Eine Zentralheizung sorgt hingegen für eine konstante Wärmeversorgung und meist auch für die Bereitstellung von Warmwasser.

Für Vermieter stellt ein solches Vorhaben eine Modernisierung dar. Nach § 555b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann diese Maßnahme den Wohnwert steigern oder Energie einsparen. Neu ist jedoch, dass in manchen Fällen ein Wärmecontracting-Modell zum Einsatz kommt. Bei diesem Modell betreibt nicht der Vermieter selbst die Anlage, sondern ein externer Dienstleister. Genau dies hat vor dem LG Berlin II eine Rolle gespielt.

Wenn Sie als Mieter bisher Ihre Wohnung ausschließlich mit Strom geheizt haben, ist es verständlich, dass Sie sich fragen, in welchem Umfang Sie künftig die Kosten für die neue Heizung tragen müssen. Dabei geht es nicht nur um den Energieverbrauch, sondern auch um die Investitions- oder Wartungskosten, die ein externer Wärmeversorger möglicherweise in Rechnung stellt.


Modernisierung oder Umstellung der Heizkosten?

Grundsätzlich kann ein Vermieter für Modernisierungsmaßnahmen eine Mieterhöhung nach § 559 BGB geltend machen. Doch bei einer Umstellung von Einzelöfen auf eine zentrale Heizungsanlage entsteht eine spezielle Situation. Viele Mieter haben nämlich keinen direkten Vertrag über Heizkosten mit dem Vermieter, wenn sie ihre Elektro-Öfen selbst mit Strom betrieben haben. Sie zahlten den Stromvertrag an ihren Energieversorger. Mit dem Einbau der Zentralheizung stellt sich daher die Frage: Wie werden die neuen Kosten verteilt?

Das LG Berlin II hat in seinem Urteil klargestellt, dass der nachträgliche Einbau einer Zentralheizung selbst dann eine Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 2 und Nr. 4 BGB ist, wenn das Heizsystem über ein Wärmecontracting läuft. Das bedeutet: Der Vermieter darf diese Verbesserung der Wohnsituation grundsätzlich umlegen. Damit haben Sie als Mieter dem Grunde nach eine Zahlungspflicht für die anteiligen Wärmekosten. Trotzdem bleibt oft unklar, ob Ihnen zusätzlich Gewinne oder Investitionskosten des externen Contractors in Rechnung gestellt werden dürfen.


Wärmecontracting – was ist das eigentlich?

Beim Wärmecontracting überträgt der Vermieter den Betrieb der neuen Heizungsanlage an ein spezialisiertes Unternehmen. Dieses Unternehmen übernimmt Installation, Wartung und Betriebsführung. Der Vermieter zahlt eine monatliche oder jährliche Gebühr an den Contractor. Dadurch spart sich der Vermieter die eigene Investition und die laufenden Instandhaltungskosten.

Für Mieter kann das Vorteile haben: Sie bekommen eine meist zuverlässigere und oft effizientere Heizung, ohne dass ihr Vermieter einen großen Modernisierungszuschlag in Form einer Mieterhöhung erheben muss. Allerdings wird das Contractor-Entgelt als Betriebskostenart abgerechnet. Genau hier setzt das Urteil an: Nach Ansicht des LG Berlin II ist der Vermieter berechtigt, die vom Contractor in Rechnung gestellten Wärmelieferkosten weiterzugeben, sofern dies dem Vertrag entspricht oder sich im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt.

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Warum § 556c BGB hier nicht greift

Vielleicht haben Sie schon von § 556c BGB gehört. Dieser Paragraf regelt bestimmte Fälle, in denen der Vermieter von einer selbst betriebenen Zentralheizung auf eine gewerbliche Wärmelieferung umstellt. Doch in der Konstellation, die das LG Berlin II zu bewerten hatte, wurde erst nachträglich eine Zentralheizung eingebaut. Vorher gab es gar keine zentrale Anlage, sondern nur einzelne Elektro-Öfen in den Wohnungen.

Das Gericht hat entschieden, dass § 556c BGB für diesen Fall nicht anwendbar ist. Die Vorschrift setzt nämlich voraus, dass es bereits eine zentrale Heizung gab, die der Vermieter nun durch einen Wärmeliefervertrag ersetzt. Wenn Sie also zuvor selbst über Strom geheizt haben, fallen Sie nicht unter diese Regelung. Stattdessen muss genau geschaut werden, welche Vereinbarungen im Mietvertrag stehen und ob eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich ist.


Ergänzende Vertragsauslegung – was bedeutet das für Sie?

In vielen älteren Mietverträgen wurde nie ausdrücklich geregelt, was passiert, wenn der Vermieter eine neue Heizungsanlage nachrüstet. Gerade in Fällen, in denen Sie als Mieter zuvor Ihre Heizkosten eigenständig getragen haben, fehlt oft eine konkrete Klausel zu den Umlage-Regeln der neuen Heizung.

Hier kommt die sogenannte ergänzende Vertragsauslegung ins Spiel. Das LG Berlin II hat klargestellt, dass man sich dann fragen muss, was die Parteien wohl vereinbart hätten, wenn sie damals bereits gewusst hätten, dass eines Tages eine Zentralheizung eingebaut wird. Ergebnis: Da es sich um eine Modernisierung handelt, bei der in aller Regel eine Mietsteigerung nach § 559 BGB möglich wäre, liegt es nahe, die neuen Wärmekosten grundsätzlich auf die Mieter umzulegen. Schließlich ist die Zentralheizung nicht nur bequemer, sondern oft sogar kostengünstiger als reine Elektroöfen.


Müssen Sie alle Contracting-Kosten tragen?

Ein wichtiger Punkt im Urteil betrifft die Frage, ob Sie als Mieter wirklich sämtliche Kosten übernehmen müssen, die im Contractor-Entgelt enthalten sind. Das sind beispielsweise Investitions- und Verwaltungskosten des Contractors und dessen Gewinn.

Das Gericht hat argumentiert, dass der Vermieter keine eigene Modernisierungsumlage über § 559 BGB geltend macht, wenn er die Heizungsanlage nicht selbst kauft und installiert. Stattdessen fallen für ihn Kosten an, die er in Form des Contracting-Entgelts bezahlt. Wenn aber die monatlichen Zahlungen für den Contractor geringer oder zumindest nicht höher sind als das, was Sie früher für Strom ausgegeben haben, könnte eine Kürzung der Contractor-Kosten für Sie sogar zu einer weiteren Kostenersparnis führen. Das empfand das LG Berlin II als unangemessen.

Kurzum: Wenn Ihre neue Heizrechnung niedriger ist als Ihre alte Stromrechnung, besteht nach Auffassung des Gerichts kein Anlass, dem Vermieter zusätzliche Teile der Contractor-Kosten aufzubürden.


Ihre Nachweispflicht zur früheren Stromrechnung

Das Urteil weist auch ausdrücklich auf Ihre Verpflichtung hin, die früheren Stromkosten darzulegen. Immerhin kann Ihr Vermieter nicht wissen, welche Abschläge oder Rechnungen Sie damals für das Heizen mit Strom bezahlt haben. Wenn Sie behaupten, die neue Abrechnung sei für Sie teurer oder unvorteilhafter, müssen Sie Belege für Ihre frühere Stromkostenhöhe vorlegen.

Das LG Berlin II stellt klar, dass Mieter hier eine „sekundäre Darlegungslast“ haben. Das heißt, Sie müssen zumindest so viele Daten offenlegen, dass man vergleichen kann, ob und in welchem Umfang die Stromkosten höher oder niedriger waren. Nur dann kann das Gericht überprüfen, ob ein Teil der Contractor-Kosten möglicherweise nicht an Sie weitergegeben werden darf.


Konkrete Folgen für Ihre Betriebskostenabrechnung

In der Praxis bedeutet das Urteil, dass Sie wahrscheinlich eine neue Position in Ihrer Betriebskostenabrechnung finden: „Kosten der Wärmelieferung“. Diese umfasst den kompletten Betrag, den Ihr Vermieter an den Contractor zahlt. Haben Sie im Mietvertrag eine Klausel, die auf die Betriebskostenverordnung (§ 2 BetriebskostenVO) verweist, kann das als Grundlage dienen, um diese Kosten umzulegen. Existiert keine eindeutige Regelung, muss man prüfen, ob sich eine ergänzende Vertragsauslegung anbietet – also genau das, was das LG Berlin II empfohlen hat.


Kein Platzen des Kostenrahmens – das Argument der Modernisierung

Für viele Mieter klingt es zunächst beunruhigend, dass nun möglicherweise ein Contractor-Gewinn und Investitionen in der Abrechnung auftauchen. Doch sehen Sie es aus diesem Blickwinkel: Wäre die Zentralheizung direkt vom Vermieter eingebaut worden, hätte er eine Modernisierungsmieterhöhung verlangen können. Dann könnten Ihre monatlichen Kosten dauerhaft steigen. Beim Contracting kann es hingegen passieren, dass die neue Monatsrechnung für Warmwasser und Heizung am Ende sogar günstiger ist als Ihr früherer Stromverbrauch.

Das LG Berlin II betont, dass Mieter hier kein doppeltes Nachsehen haben dürfen. Sie zahlen den Contractor-Betrag nur, wenn er sich unterm Strich rechnet oder zumindest nicht höher ausfällt als der alte Strombedarf. Anders gesagt: Sie profitieren von besserem Komfort, ohne zwangsläufig mehr zu bezahlen.


Worauf Sie als Mieter achten sollten

  • Blick in den Mietvertrag: Prüfen Sie, ob dort Bezug auf die Betriebskostenverordnung genommen wird oder ob es spezielle Vereinbarungen zu Heizkosten gibt.
  • Vergleich mit alten Stromrechnungen: Wenn Sie behaupten, die neue Heizung sei teurer, müssen Sie das anhand älterer Rechnungen belegen können.
  • Dokumentation: Bewahren Sie sowohl die alten Stromabrechnungen als auch die neuen Heizkostenabrechnungen gut auf. Sie bilden das Fundament für einen fairen Vergleich.
  • Kommunikation mit dem Vermieter: Versuchen Sie zunächst, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Oft hilft ein offenes Gespräch, Missverständnisse zu vermeiden.
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