Eigenbedarfskündigung erhalten? – Recht auf Widerspruch und Widerspruchsfrist für Mieter

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Von Maritta Seitz

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In diesem Ratgeber:

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Wird die Wohnung verkauft, fürchten sich viele Mieter vor einer Kündigung wegen Eigenbedarf durch den neuen Vermieter. Eine Eigenbedarfskündigung kann jedoch jeden Mieter treffen, der in einer Eigentumswohnung wohnt. Ob der Mieter tatsächlich ausziehen muss, hängt jedoch entscheiden davon ab, wie gut der Vermieter seinen Eigenbedarf im Kündigungsschreiben begründet.


Eigenbedarf: Kündigungsgrund prüfen

Wer eine Eigenbedarfskündigung erhält, sollte zuallererst den Kündigungsgrund, den der Vermieter im Kündigungsschreiben angegeben hat von einem Anwalt prüfen lassen. Es reicht nicht aus, wenn der Vermieter lediglich schreibt, dass der Mieter wegen Eigenbedarf ausziehen solle. Der Vermieter muss bei der Eigenbedarfskündigung angeben, ob er selbst oder ein enger Familienangehöriger die Wohnung einziehen soll und ausführen, warum die Person die Wohnung benötigt.

Die Begründung des Vermieters muss nicht nur nachvollziehbar sein – die Forderung soll auch vernünftig sein. Das Amtsgericht Neustadt an der Aisch erklärte beispielsweise die Eigenbedarfskündigung eines Vermieters für ungültig, der die betreffende Wohnung lediglich als Ferienwohnung für längere Besuche nutzen wollte (Az. 1 C 321/15).

Chronisches Schnarchen hingegen akzeptierte das Amtsgericht Sizing als Kündigungsgrund (Az. 4 C 1096/97). In diesem Fall hatte der Vermieter die Eigenbedarfskündigung eingereicht, da seine Frau wegen der lauten Schnarchgeräusche nicht mehr mit ihm im selben Zimmer schlafen konnte. Die Frau litt unter Schlafproblemen und deren gesundheitlichen Folgen, weshalb der Vermieter – zumindest zum Schlafen – in eine andere Wohnung im selben Haus ziehen wollte.



Widerspruchsrecht bei Eigenbedarfskündigung

Genau wie der Vermieter ein Recht auf eine Kündigung wegen Eigenbedarf hat, steht dem Mieter das Recht zu, gegen die Kündigung Widerspruch einzulegen. Das Recht auf Kündigungswiderspruch ist in § 574 BGB, der sogenannten Sozialklausel oder Härteklausel, verankert.

Ein Kündigungswiderspruch ist möglich, wenn die Eigenbedarfskündigung für den Mieter, seine Familien- oder Haushaltsmitglieder eine Härte darstellt. Das bedeutet, dass der Mieter durch die Kündigung in eine schwierige Lage gebracht wird, die ihm nicht zugemutet werden kann.

Mögliche Härtegründe für einen Kündigungswiderspruch sind:

  • Schwangerschaft
  • Schwere Krankheit
  • Hohes Alter
  • Geringes Einkomme
  • Fehlende Ersatzwohnung
  • Anstehendes Abschlussexamen

Widerspruchsfrist bei Eigenbedarfskündigung

Entscheidend beim Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung ist, dass der Mieter seinen Widerspruch rechtzeitig beim Vermieter einreicht. Die Widerspruchsfrist bei Kündigung wegen Eigenbedarf beträgt mindestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist. Kündigt der Vermieter den Mietvertrag beispielsweise zum 31. Juli 2022, muss er den Kündigungswiderspruch des Mieters spätestens am 31. Mai 2022 erhalten.

Widerspruchsfrist bei Eigenbedarfskündigung: Kündigungsfrist -2 Monate


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Folgen des Widerspruchs gegen die Eigenbedarfskündigung

Legt der Mieter Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung, kann der Vermieter entweder seine Kündigung zurückziehen, oder es muss vor Gericht entschieden werden, ob der Bedarf des Mieters oder der des Vermieters an der Wohnung schwerer wiegt. Dazu muss der Vermieter eine sogenannte Räumungsklage erheben.

In Fällen, in denen Mieter für ihren Kündigungswiderspruch mit hohem Alter oder schwerer Krankheit begründet, urteilen Gerichte häufig mieterfreundlich und weisen die Eigenbedarfskündigung des Vermieters ab. Das Landgericht Berlin entschied beispielsweise, dass ein selbstmordgefährdeter 82-jähriger Mieter, in seiner Wohnung bleiben durfte (AZ. 65 S 281/14). Er hatte eine Eigenbedarfskündigung erhalten, weil der Sohn der Vermieterin die Wohnung, in der er seit beinahe 50 Jahren wohnte, übernehmen sollte.


Kündigung wegen Eigenbedarfs: Muss der Vermieter eine neue Wohnung anbieten?

Es existiert ein BGH Urteil (AZ.: VIII ZR 284/16) laut dessen der Vermieter dem Mieter nicht die von ihm selbst bewohnte Wohnung anbieten muss, welche denklogisch erst frei wird, wenn der Mieter aus der wegen Eigenbedarf gekündigten Wohnung ausgezogen ist. Der Vermieter ist somit nicht dazu gezwungen, mit dem Mieter einen „fliegenden Wechsel“ zu vollziehen. Weiter hat der BGH in seinem Urteil festgestellt, dass unter folgenden Voraussetzungen der Vermieter dem Mieter im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung eine Ersatzwohnung anbieten muss:

1. Die alternative Wohnung befindet sich im gleichen Gebäude oder im gleichen Gebäudekomplex.
2. Die alternative Wohnung steht bereits frei oder wird spätestens zum Kündigungszeitpunkt frei.
3. Der Vermieter beabsichtigt, die alternative Wohnung zu Wohnzwecken an Dritte zu vermieten und nicht an Personen im Rahmen des Eigenbedarfs zur Verfügung zu stellen.
4. Die alternative Wohnung muss für den Mieter im Hinblick auf Größe, Lage und Miethöhe geeignet sein.
5. Die Vermietung der alternativen Wohnung an den Mieter muss für den Vermieter zumutbar sein.

Liegen vorstehende Voraussetzungen vor, so muss der Vermieter dem Mieter die Ersatzwohnung anbieten. Tut er dies nicht, so begeht der Vermieter allerdings nur eine Pflichtverletzung und macht sich dem Mieter gegenüber gegebenenfalls schadensersatzpflichtig hinsichtlich derjenigen Kosten, welche dem Mieter nicht entstanden wären, wenn er die vom Vermieter etwa an gebotene Wohnung angenommen hätte so zb Makler- und Umzugskosten. Die Eigenbedarfskündigung des Vermieters bleibt aber trotz nicht angebotener Ersatzwohnung wirksam (BGH 14.12.2016, AZ : VIII ZR 232/15).


Erste Hilfe bei Eigenbedarfskündigung

Wer eine Kündigung vom Vermieter erhält, sollte zunächst Ruhe bewahren und sich dann schnellstmöglich rechtlichen Rat holen. Nicht jede Eigenbedarfskündigung ist gültig! Wie beschrieben muss die Kündigung vom Vermieter wichtige formale Kriterien erfüllen und einen triftigen Kündigungsgrund angeben. Ein Anwalt für Mietrecht kann einschätzen, ob der Mieter wirklich ausziehen muss. Selbst wenn die Kündigung wirksam ist, kann der Anwalt weiterhelfen: Er kann den Mieter bei einem möglichen Härteeinwand unterstützen.

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