Obhutspflicht des Mieters – das sollten Sie wissen

Obhutspflicht des Mieters – das sollten Sie wissen

Als Mieter dürfen Sie Ihre Wohnung genießen, ohne bei jedem Schritt an Schadensersatz zu denken. Trotzdem verlangt das Gesetz, dass Sie die Mietsache sorgsam behandeln und Schäden möglichst verhindern. Diese sogenannte Obhutspflicht geht weiter als bloßes „Nichts‑kaputt‑machen“: Wer gravierende Mängel nicht meldet, zu wenig lüftet oder vor dem Urlaub die Waschmaschine angeschlossen lässt, riskiert teure Folgen. Der folgende Ratgeber erklärt leicht verständlich, wann Sie haften, welche Urteile wichtig sind und mit welchen einfachen Maßnahmen Sie Ärger vermeiden.

 

Lesen Sie in diesem Ratgeber:

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Was bedeutet Obhutspflicht für Sie als Mieter?

Die Obhutspflicht verpflichtet Sie, alles Zumutbare zu tun, um Schäden an Wohnung, Haus und Gemeinschaftseinrichtungen zu verhindern. Diese Pflicht ist eine Nebenpflicht aus dem Mietvertrag und gilt vom Einzug bis zur Rückgabe der Wohnung.

 

Rechtsgrundlage und Kernpflichten

Die wichtigste Norm für Schadensersatzansprüche des Vermieters ist § 280 Abs. 1 BGB. Verletzt der Mieter die Obhutspflicht schuldhaft, muss er den Schaden ersetzen. „Schuldhaft“ heißt nicht nur vorsätzliches Zerstören, sondern auch einfache Fahrlässigkeit. Sie müssen daher:

  • Räume, Böden, Fenster und Installationen pfleglich nutzen,
  • Mängel unverzüglich melden,
  • erforderliche Schutzmaßnahmen ergreifen (z. B. Unterlegmatten unter Möbeln, Aquarien sichern),
  • bei Abwesenheit Vorsorge treffen.

Missachten Sie diese Regeln, drohen Nachzahlungen oder sogar fristlose Kündigung. Daher sollten Sie dieser Pflicht eine besondere Aufmerksamkeit schenken.

 

Grenzen der vertragsgemäßen Abnutzung

Nicht jeder Kratzer ist ein Schaden. Vertragsgemäße Abnutzung ist von § 538 BGB gedeckt und geht zulasten des Vermieters. Dazu zählen normale Laufspuren im Eingangsbereich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2003, I‑10 U 46/03) oder kleine Druckstellen nach jahrelanger Nutzung (LG Osnabrück, Urteil vom 6.6.2001, 1 S 1099/00). Entscheidend ist die objektive Lebensdauer des Materials: Parkett altert, Wandfarbe vergilbt. 

Überschreiten Benutzungsspuren das Übliche, spricht die Rechtsprechung von „übermäßiger“ Abnutzung – dann greifen Obhutspflicht und Schadensersatz. Ob eine Belastung üblich oder übermäßig ist, prüfen Gerichte im Einzelfall durch Sachverständige.


Typische Fallgruppen und Gerichtsentscheidungen

Im Alltag zeigen sich immer wieder dieselben Konflikte. Drei klassische Themen verdeutlichen, wie Gerichte die Obhutspflicht auslegen.

 

Kratzer und Druckstellen auf Parkett

Ein genehmigter Hund darf in der Wohnung leben – aber nicht das Parkett ruinieren. Hinterlässt das Tier lange Riefen auf der gesamten Fläche, muss der Halter zahlen (LG Koblenz, Urteil vom 6.5.2014, 6 S 45/14). Das Gericht stellte klar: Dem Mieter war es zuzumuten, Krallen zu kürzen, den Hund auf einzelne Zimmer zu beschränken oder Teppiche auszulegen. Krallenspuren können jedoch vertragsgemäß sein, wenn die Hundehaltung ausdrücklich erlaubt ist und nur vereinzelte Kratzer entstehen (AG Köpenick, Urteil vom 23.3.1999, 8 C 126/98). 

Ganz anders beurteilte das LG Mannheim tiefe Eindrücke von Stilettos in weichem Holz: Derartige Löcher seien kein ordnungsmäßiger Gebrauch; der Mieter hätte geeignete Hausschuhe tragen müssen (Urteil vom 14.6.1973, 12 S 9/72). 

Tipp: Verwenden Sie Filzgleiter unter Möbeln und legen Sie Schutzmatten in stark frequentierten Bereichen aus.

 

Schimmelbildung durch falsches Lüften

Schimmel ist einer der teuersten Streitpunkte. Lüften gehört zu den Grundpflichten – Gerichte verlangen meist zwei- bis dreimal tägliches Stoßlüften von je zehn bis fünfzehn Minuten. Das LG Landshut lehnte eine Mietminderung ab, weil die Klägerin nur selten lüftete und sich deshalb Schimmel bildete (Urteil vom 8.1.2025, 15 S 339/23). Auch das LG Bonn fordert regelmäßiges Stoßlüften (Urteil vom 13.9.2012, 6 S 69/12). Gleichzeitig betont der BGH, dass die Zumutbarkeit vom Einzelfall abhängt: Zwei Mal fünfzehn Minuten seien jedenfalls nicht unzumutbar (BGH, Urteil vom 18.4.2007 – VIII ZR 182/06). Sie sollten daher feste Lüftungsroutinen entwickeln und beim Fenstertausch Ihr Lüftungsverhalten anpassen. 

 

Wasserschäden durch Haushaltsgeräte

Eine defekte Schlauchschelle genügt, um binnen Stunden eine Wohnung zu fluten. Lassen Sie Zulaufschläuche von Wasch oder Spülmaschine unter Druck, während Sie verreisen, handeln Sie grob fahrlässig (OLG Oldenburg, Urteil vom 18.10.1995, 2 U 135/95). Selbst bei zugedrehtem Hahn kann Haftung eintreten, wenn das Ventil altersbedingt nicht dicht hält (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.10.2005, 7 U 135/05). Vor längeren Abwesenheiten Hahn schließen, Schlauch entlasten oder ein Aquastop‑Ventil installieren – so erfüllen Sie Ihre Obhutspflicht. Kontrollieren Sie Geräte zudem regelmäßig auf brüchige Dichtungen.

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Obhutspflicht während Urlaub oder längerer Abwesenheit

Im Winter müssen Leitungen vor Frost geschützt werden. Schon 1968 entschied der BGH, dass Mieter auch während der Abwesenheit ausreichend heizen oder eine Betreuungsperson beauftragen müssen (Urteil vom 9.10.1968 – VIII ZR 173/66). „Ausreichend“ heißt nicht tropische Temperaturen, sondern so viel, dass Wasserrohre nicht platzen. 

Der BGH verlangt, dass der Vermieter im Notfall in die Wohnung kann (Urteil v. 20.10.1971 – VIII ZR 164/70). Hinterlegen Sie daher bei einem ausgedehnten Urlaub oder einer längeren Abwesenheit einen Schlüssel bei einer Vertrauensperson und informieren Sie den Vermieter, wer im Ernstfall aufschließt. Geben Sie den Schlüssel an Freunde weiter, bleibt die Verantwortung aber bei Ihnen. Nach § 278 BGB haften Mieter für sogenannte Erfüllungsgehilfen. Verbeult der Katzensitter die Holztür, ersetzen Sie als Vertragspartner den Schaden. Anders liegt der Fall, wenn die Aufsichtsperson ihre Pflicht ordnungsgemäß erfüllt: Tritt trotz „genügend häufiger“ Kontrollen ein unvorhersehbares Ereignis ein, haben Sie in der Regel keine Haftung zu befürchten. 

Vereinbaren Sie etwas detaillierter, welche Aufgaben die Vertretung übernehmen soll – lüften, Heizen kontrollieren, Hähne prüfen. So beugen Sie Missverständnissen vor.


Folgen einer Pflichtverletzung und Handlungstipps

Schon ein einziger Verstoß kann teure Folgen haben. Der Vermieter kann ohne Fristsetzung Schadensersatz verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB vorliegen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Fall von massivem Schimmelbefall bestätigt (Urteil vom 28.2.2018 – VIII ZR 157/17). Bei schweren Pflichtverletzungen kann unter Umständen sogar eine Kündigung des Mietverhältnisses drohen. Wer dann auszieht, schuldet dennoch Ersatz für alle festgestellten Schäden. Eine private Haftpflichtversicherung deckt nur leichte Fahrlässigkeit ab, grobe Fahrlässigkeit kann ausgeschlossen sein. Prüfen Sie deshalb Ihren Versicherungsschutz. Außerdem ist es bei mietrechtlichen Fragen immer ratsam, einen auf Mietrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren.

Folgende praktische Empfehlungen für den Alltag sollten Sie bedenken:

  • Lüften: Zwei‑ bis dreimal pro Tag Stoß‑ oder Querlüften, jeweils zehn bis fünfzehn Minuten.
  • Heizen: Im Winter Wohnräume nicht unter etwa 15 °C fallen lassen; Thermostate mit Frostschutz nutzen.
  • Feuchtigkeit checken: Bad und Küche nach Benutzung trocknen, Möbel fünf Zentimeter von Außenwänden abrücken.
  • Böden schützen: Filzgleiter, Teppiche, Krallenschutz für Haustiere.
  • Haushaltsgeräte sichern: Aquastop‑Schläuche, Hähne zudrehen, Geräte vor Abreise abschalten.
  • Dokumentieren: Schäden sofort per Foto festhalten und dem Vermieter melden.
  • Vertretung organisieren: Bei Reisen länger als sieben Tage Schlüssel hinterlegen und Kontrollintervalle vereinbaren.
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