
Manchmal reicht ein nasser T-Shirt-Saum, und schon gibt es Streit im Haus: Tropfwasser vom oberen Balkon durchnässt die Möbel darunter – und die Nerven gleich mit. In unserer täglichen Beratungspraxis bei MieterEngel hören wir solche Fälle häufig.
Die gute Nachricht: Wäschetrocknen auf dem Balkon gehört in aller Regel zum erlaubten Mietgebrauch. Aber: Das Rücksichtnahmegebot setzt klare Grenzen, sobald Wasser regelmäßig nach unten läuft. In diesem Beitrag erklären wir verständlich, was erlaubt ist, wo die rote Linie verläuft und wie Sie Konflikte pragmatisch lösen.
Lesen Sie in diesem Ratgeber:
Das Trocknen von Wäsche ist Teil des vertragsgemäßen Gebrauchs der Wohnung. Zugleich verpflichtet § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) alle Hausbewohner zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Entscheidend ist daher die Art und das Ausmaß des Tropfens. Vereinzelte Tropfen sind in der Regel hinzunehmen; dauerhafte oder deutliche Wassermengen nicht.
Nach § 535 BGB dürfen Mieter die Mietsache so nutzen, wie es üblich ist – dazu zählt das Trocknen von Wäsche in der Wohnung und auf dem Balkon. Amtsgerichte haben mehrfach bestätigt, dass eine Hausordnung kein absolutes Balkon-Trocknungsverbot aussprechen darf. So entschied etwa das Amtsgericht Brühl, dass Mieter ihre Wäsche auch dann auf dem Balkon trocknen dürfen, wenn ein Trockenraum vorhanden ist (AG Brühl, Urteil vom 31.10.2000, 21 C 256/00). Ähnlich stärken Entscheidungen den üblichen Mietgebrauch, etwa zur Zulässigkeit von Trocknen in der Wohnung (LG Düsseldorf, Beschluss vom 18.04.2008, 21 T 38/08).
Diese Linie bedeutet: Sie müssen Ihre Wäsche nicht in den Trockner zwingen – Sie dürfen den Balkon nutzen, solange Sie andere nicht unzumutbar beeinträchtigen.
Das Rücksichtnahmegebot wirkt wie ein „Regler“: Je stärker die Beeinträchtigung, desto eher müssen Sie Ihr Verhalten anpassen. Einzelne Tropfen – etwa bei Wind oder direkt nach dem Aufhängen – bewegen sich im tolerierten Bereich des Alltäglichen. Unzulässig wird es, wenn regelmäßig größere Wassermengen vom Ständer auf den Boden und von dort auf den darunterliegenden Balkon fließen und dort Möbel, Bodenbeläge oder Textilien durchnässen.
Die Rechtsprechung betont in ähnlichen Konstellationen (zum Beispiel Blumengießen), dass ein gewisses Maß an Tropfwasser sozialadäquat sein kann, massives Überlaufen jedoch zu unterlassen ist (LG München I, Urteil vom 15.09.2014, 1 S 1836/13 WEG).
Wenn es zu einem Streit mit dem Nachbarn über dem eigenen Balkon kommt, sollten Sie zügig und sachlich handeln. Dokumentieren Sie den Zustand (zum Beispiel mit Fotos oder kurzen Notizen) und sprechen Sie den Nachbarn freundlich an. Wenn das nicht hilft, gibt es rechtliche Möglichkeiten. Umgekehrt gilt: Wer selbst tropfen lässt, muss mit Ansprüchen rechnen und sollte rasch gegensteuern.
Wer durch erhebliches Tropfwasser beeinträchtigt wird, kann Unterlassung verlangen (§ 1004 BGB). In der Praxis empfehlen eine stufenweise Vorgehensweise:
Wichtig: Schildern Sie konkret, wann, wie oft und in welcher Intensität Tropfwasser auftritt (zum Beispiel „immer nach dem Waschtag“, „Pfützenbildung“, „durchfeuchtete Polster“). Je besser die Argumentation, desto einfacher kann die Sache aus der Welt geschaffen werden.
Häufen sich die Beschwerden, kann der Vermieter einschreiten und zunächst eine Abmahnung aussprechen. Ignoriert ein Mieter trotz mehrfacher Aufforderungen deutliche Beeinträchtigungen anderer, droht im Extremfall eine ordentliche Kündigung.
Wenn die Ursache baulich ist, zum Beispiel eine fehlende Tropfkante oder ein ungünstiges Gefälle, wodurch Wasser regelmäßig auf den unteren Balkon läuft, muss der Vermieter den Zustand prüfen und den Mangel beseitigen lassen.
Wer schuldhaft fremde Sachen beschädigt, haftet gemäß § 823 BGB auf Schadensersatz. Nässeflecken auf Holz, aufgequollenes Laminat oder verfärbte Polster können erstattungsfähig sein, sofern sich der kausale Zusammenhang belegen lässt.
Unser Tipp aus der Beratung: Beweise sichern (Fotos mit Datum, Zeugen, ggf. Feuchtemessung), Rechnung bzw. Kostenvoranschlag einholen und den Verursacher zur Zahlung auffordern. Reagiert dieser nicht, lässt sich der Anspruch zusammen mit einem Unterlassungsbegehren durchsetzen.
Für Verursacher gilt: Wer nach Hinweisen sofort handelt (zum Beispiel Schleuderzahl erhöhen, Auffangmatte nutzen), kann Haftungsrisiken deutlich senken.
Viele Konflikte entstehen nicht wegen der Wäsche, sondern wegen allem sonst auf dem Balkon. In unserer Beratungspraxis bei MieterEngel prüfen wir deshalb immer: Was ist üblich und sozialverträglich – und was überschreitet die Grenze zur Störung? Die Hausordnung setzt Rahmen, ersetzt aber keine Rücksichtnahme.
Grundsätzlich dürfen Sie auf dem Balkon grillen, rauchen und in angemessenem Rahmen feiern. Entscheidend ist die Beeinträchtigung anderer. Rauch, Funkenflug, Gerüche und Lärm dürfen Nachbarn nicht erheblich treffen – besonders in Ruhezeiten (typisch 22–6 Uhr).
Prüfen Sie zuerst die Hausordnung. Manche Vermieter untersagen Holzkohlegrills. Elektrogrills gelten als risikoärmer. Beim Rauchen gilt: Es ist erlaubt, solange niemand dauerhaft im Qualm sitzt – stimmen Sie sich bei sensiblen Nachbarn ab, etwa über Zeiten. Für Musik und gesellige Runden gilt dasselbe Prinzip: Zimmerlautstärke einhalten, Fenster der Nachbarschaft im Blick behalten, Beschwerden ernst nehmen.
Unsere Erfahrung: Wer vorher ankündigt („Heute ab 18 Uhr Grillparty. Wir sind um 21 Uhr aber wieder ruhig.“), verhindert Ärger – und erspart sich Abmahnungen.
Alles, was in die Bausubstanz eingreift, braucht in der Regel eine Erlaubnis. Das betrifft fest verschraubte Wäscheleinen, Markisen, Dübel in der Außenwand oder dauerhaft montierte Sichtschutzlösungen. Nutzen Sie stattdessen rückbaubare Lösungen. Klemmmarkisen, Wäscheständer bis zur Brüstungshöhe oder Leinen, die am Geländer eingehängt werden – ganz ohne Bohren. So bleiben Sie im vertragsgemäßen Gebrauch und senken Ihr Risiko für Abmahnungen oder Kostentragungspflichten bei Schäden.
Unser Tipp aus der Beratung: Holen Sie bei Zweifeln eine kurze, schriftliche Freigabe des Vermieters (Mail reicht), hängen Sie ein Foto an und beschreiben Sie die Befestigung.
In unseren FAQs werfen wir einen Blick auf die häufigsten Fragen zum Thema.
In der Regel ja, denn das Trocknen auf dem Balkon gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch. Wichtig ist Rücksichtnahme: Nichts sollte über das Geländer hängen und es sollte kein spürbares Tropfen auf Nachbarflächen geben. Die Hausordnung gilt ergänzend und darf das Trocknen nicht pauschal verbieten.
Einzelne, gelegentliche Tropfen sind grundsätzlich hinnehmbar. Unzulässig wird es jedoch, wenn das Herabtropfen regelmäßig und deutlich wahrnehmbar ist und Pfützen, Verschmutzungen oder Schäden verursacht. Dies können Sie durch gründliches Schleudern, Abtropfenlassen und eine Auffangmatte vermeiden.
Grundsätzlich haftet der Verursacher, wenn ihm ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist. Sichern Sie Beweise (Fotos, Zeugen, Rechnungen) und melden Sie den Schaden zeitnah.