
Silikonfugen halten Wasser dort, wo es hingehört – in Dusche, Badewanne und um die Küchenspüle. Doch das elastische Material altert: Es versprödet, reißt oder löst sich ab. Dann dringt Feuchtigkeit in Wände und Böden, Schimmel entsteht und ein Streitpunkt taucht auf: Wer zahlt die neue Fuge?
Der folgende Leitfaden erklärt klar verständlich, wann Ihr Vermieter die Kosten tragen muss, in welchen Ausnahmefällen Sie als Mieter haften und wie Sie Ihr Recht Schritt für Schritt durchsetzen.
Lesen Sie in diesem Ratgeber:
Silikonfugen gelten als „Wartungsfugen“ und sind für viele Funktionen in der Wohnung wichtiger, als viele denken.
Silikon ist dauerelastisch. Die Fuge nimmt Bauteilbewegungen auf und verhindert, dass Wasser in die Bausubstanz dringt. Diese ständige Bewegung, Feuchtigkeit sowie Reinigungschemikalien lassen das Material jedoch altern. Sachverständige veranschlagen eine Lebensdauer von durchschnittlich acht Jahren. Einige raten, die Fugen schon nach zwei Jahren visuell zu kontrollieren, weil erste Versprödungen auftreten können. Sie erkennen Alterungsprozesse an winzigen Rissen, einem matten Film oder leichten Ablösungen an den Kanten.
Die ersten sichtbaren Schäden betreffen meist Einbauteile mit hoher Feuchtigkeitsbelastung, etwa die Übergänge zwischen Duschwanne und Fliesen. Schwarze Punkte weisen auf Schimmel hin; längere Risse lassen Wasser hinter die Fliesen laufen. Dort kann sich Feuchtigkeit unbemerkt stauen und Bausubstanz angreifen. In Mehrfamilienhäusern führt das oft zu Wasserschäden in Nachbarwohnungen, die mehrere tausend Euro kosten. Das Amtsgericht Berlin-Mitte sprach in einem Gutachten sogar von Folgeschäden im Wert von über 5.000 Euro. Frühzeitige Erneuerung schützt also nicht nur optisch, sondern beugt teuren Sanierungen vor.
Das Mietrecht stellt eindeutig klar, dass Vermieter die Mietsache instand halten müssen. Trotzdem versuchen Vermieter immer wieder, die Kosten für neue Silikonfugen auf den Mieter abzuwälzen. Die folgenden Unterpunkte zeigen, warum dieser Versuch meist scheitert.
§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Vermieter, die Wohnung während der gesamten Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu halten. Der Austausch verschlissener Silikonfugen gehört zu dieser Instandhaltung. Das Amtsgericht Berlin-Mitte verurteilte 2017 eine Vermieterin, schadhafte Fugen in der Dusche ihrer Mietwohnung auf eigene Kosten zu erneuern (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 29. 08. 2017, 5 C 93/16). Die Richter betonten, dass es sich um einen Mangel der Mietsache handelt und der Mieter einen Anspruch auf Beseitigung hat.
Viele Mietverträge enthalten eine Klausel, wonach der Mieter Kleinreparaturen bis zu einer Obergrenze (meist 100 €) zahlen muss. Doch Silikonfugen gelten nicht als „Installationsgegenstände, die dem häufigen Zugriff des Mieters unterliegen“. Das Amtsgericht Berlin-Wedding stellte 2011 ausdrücklich fest, dass eine Kleinreparaturklausel die Erneuerung von Silikonfugen nicht erfasst (AG Berlin-Wedding, Urteil vom 25. 10. 2011, 20 C 191/11). Selbst wenn die Reparatur unter 100 € kostet, trägt daher der Vermieter die Kosten.
Anders sieht es nur aus, wenn der Vermieter nachweisen kann, dass Sie den Schaden schuldhaft verursacht haben – etwa weil Sie die Fugen mit scharfkantigen Werkzeugen beschädigt oder Silikon mit aggressiven Chemikalien zersetzt haben. Solche Fälle sind selten, weil Vermieter eine konkrete Pflichtverletzung belegen müssen. Normale Alterung, Schimmelbildung und Haarrisse gelten als gewöhnlicher Verschleiß und fallen damit immer in die Erhaltungspflicht des Vermieters.
Entdecken Sie Risse, Schimmel oder Ablösungen, sollten Sie systematisch vorgehen. Mit guter Dokumentation und klaren Fristen lösen sich die meisten Fälle ohne Anwalt.
Melden Sie den Schaden umgehend schriftlich. Beschreiben Sie Lage und Art der Defekte, fügen Sie aussagekräftige Fotos bei und verweisen Sie kurz auf die Vermieterpflicht nach § 535 BGB. Setzen Sie eine Frist von zwei bis drei Wochen für die Instandsetzung. Diese Mängelanzeige wahrt Ihre Rechte und verhindert, dass der Vermieter Ihnen später Versäumnisse (z. B. Folgeschäden) vorwirft. Nutzen Sie ein Einschreiben mit Rückschein oder übergeben Sie das Schreiben persönlich gegen Quittung, damit Sie den Zugang belegen können.
Reagiert der Vermieter nicht oder lehnt er die Reparatur ab, dürfen Sie die Miete mindern. Für defekte Silikonfugen erkennen Gerichte Minderungsquoten zwischen drei und zehn Prozent an – je nachdem, ob die Dusche noch genutzt werden kann oder ob bereits Schimmel auftritt. Kündigen Sie die Minderung im Schreiben an und dokumentieren Sie weiterhin den Zustand. Läuft die Frist ab, können Sie eine „Ersatzvornahme“ erklären: Sie beauftragen einen Handwerksbetrieb, lassen die Fugen erneuern und fordern die Rechnung vom Vermieter zurück. Legen Sie dabei Kopien der Mängelanzeige, die letzte Fristsetzung und das Gerichtsurteil AG Berlin-Mitte 5 C 93/16 bei. Die Erfolgsaussichten sind hoch, solange Sie die Kosten im marktüblichen Rahmen halten.
In der Regel lenken Vermieter bereits nach der ersten Fristsetzung ein. Bleibt eine Reaktion aus, kann eine anwaltliche Aufforderung oft entscheidenden Druck ausüben. Verweigert der Vermieter dennoch die geforderte Handlung, bleibt als letzter Schritt die Klage. Eine rechtliche Beratung ist in jeder Phase empfehlenswert, um fundierte und rechtssichere Entscheidungen zu treffen.
Neben den rechtlichen Schritten können Sie selbst viel tun, um künftige Konflikte zu vermeiden und Ihre Wohnung trocken zu halten.
Verwenden Sie milde Reinigungsmittel ohne starke Lösemittel oder scheuernde Partikel. Zu aggressive Chemie greift die Fugenoberfläche an und kann die Elastizität reduzieren. Wischen Sie die Fugen nach Duschen oder Baden mit einem Abzieher trocken. Lüften Sie anschließend fünf bis zehn Minuten stoßweise. So bleibt die Luftfeuchtigkeit unter 70 Prozent und Schimmelsporen finden keinen Nährboden.
Müssen Sie die Fugen doch einmal selbst ersetzen – etwa weil Sie den Schaden verursacht haben oder weil Sie die Wohnung renovieren möchten – lohnt es sich, einen Fachbetrieb zu beauftragen. Unsachgemäßes Entfernen kann Fliesen beschädigen und spätere Haftungsfragen auslösen. Beachten Sie, dass die Arbeiten in Feuchträumen fachgerecht abgedichtet werden müssen, sonst verweigert der Vermieter später vielleicht die Kautionserstattung. Lassen Sie sich vorab einen schriftlichen Kostenvoranschlag geben und heben Sie die Rechnung auf. Ziehen Sie die Kosten keinesfalls eigenmächtig von der Miete ab, ohne den Vermieter vorher informiert zu haben.
In unseren FAQs werfen wir einen Blick auf die häufigsten Fragen zum Thema.
Der Vermieter. Nach § 535 Abs. 1 BGB muss er die Wohnung während der gesamten Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten. Verschlissene oder verschimmelte Silikonfugen gelten als Mangel der Mietsache und fallen unter diese Instandhaltungspflicht.
Nein. Gerichte stufen Silikonfugen nicht als „dem häufigen Zugriff des Mieters unterliegende Installationsgegenstände“ ein. Selbst wenn die Reparatur unter der im Mietvertrag genannten Kostengrenze liegt, bleibt der Vermieter zahlungspflichtig.
Nur bei nachweisbarem Eigenverschulden – etwa wenn Sie die Fuge mit Werkzeug beschädigt oder mit aggressiven Chemikalien zersetzt haben. Normale Alterung, Haarrisse oder Schimmelbildung gelten als üblicher Verschleiß und gehen nicht zu Ihren Lasten. Die Beweislast für ein Fehlverhalten liegt beim Vermieter.