
Ein Konflikt mit dem Vermieter kann schnell verunsichern. Glücklicherweise können die meisten Sachverhalte ohne Gerichtsverfahren aus der Welt geschafft werden. Der Austausch mit einem Fachanwalt für Mietrecht schafft Klarheit und verhindert eine unnötige Eskalation des Konflikts. Doch was ist, wenn eine Klage unumgänglich ist?
Dieser Ratgeber zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Mietverfahren in Deutschland funktionieren, welches Gericht zuständig ist, wie ein Mahn- oder Eilverfahren eingeleitet wird, wer im Saal sitzt und wie Beweise wirken.
Lesen Sie in diesem Ratgeber:
Die deutsche Gerichtsbarkeit arbeitet in Stufen. Für Wohnraummiete beginnt alles beim Amtsgericht. Danach kann es, je nach Fall, zum Landgericht, Oberlandesgericht und bis zum Bundesgerichtshof gehen. Dieser Abschnitt ordnet die Ebenen ein und zeigt, wann welche Stufe greift.
In Mietstreitigkeiten über Wohnraum ist das Amtsgericht am Ort der Wohnung die erste Adresse. Es entscheidet unabhängig von der Höhe des Streitwerts. Das gilt für typische Fälle wie Kündigung, Räumungsklage, Mieterhöhung, Mietminderung, Betriebskostenabrechnung oder Fragen zu Schönheitsreparaturen. Beim Amtsgericht besteht in der ersten Instanz kein Anwaltszwang, trotzdem ist anwaltliche Vertretung in wichtigen Verfahren sinnvoll. Vor allem bei Kündigungen, hohen Zahlungsforderungen oder kniffligen Beweisfragen hilft professionelle Prozessführung.
Für Gewerberaummiete gilt eine Besonderheit. Hier ist bis 5.000 Euro Streitwert meist ebenfalls das Amtsgericht zuständig. Liegt der Wert darüber, startet die Sache beim Landgericht.
Das Landgericht ist die zweite Stufe für Urteile aus dem Amtsgericht. Verliert eine Partei und will das Ergebnis nicht akzeptieren, kann sie Berufung zum Landgericht einlegen. Dafür laufen feste Fristen. In Berlin zum Beispiel entscheidet das Landgericht in mehreren Spezialkammern über Berufungen in Wohnraummietsachen. Außerdem ist das Landgericht erste Instanz, wenn es um Gewerbemietverhältnisse mit einem Streitwert über 5.000 Euro geht. Ab dieser Schwelle verlangt das Gesetz eine höhere Zuständigkeit.
Vor dem Landgericht gilt Anwaltszwang. Das Gericht prüft den Fall erneut, kann Beweise anders würdigen und Urteile ändern oder bestätigen. Viele Verfahren enden hier bereits durch Vergleich.
Das Oberlandesgericht befasst sich mit Berufungen gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte. Ein drittes und letztes Wort hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Dorthin führt der Weg über die Revision. Sie ist an enge Voraussetzungen gebunden. Zulässig ist sie, wenn das Berufungsgericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherung einheitlicher Rechtsprechung zulässt. Alternativ kann eine Nichtzulassungsbeschwerde den BGH öffnen.
Für Revision und Nichtzulassungsbeschwerde sind spezielle beim BGH zugelassene Anwälte nötig. In Ausnahmefällen gibt es die Sprungrevision direkt vom Amtsgericht zum BGH.
Nicht alles ist Mietrecht im engeren Sinn. Wohnungseigentumssachen folgen eigenen Regeln. Auch Nachbarschaftsstreitigkeiten oder öffentlich-rechtliche Fragen können anders laufen.
Brauchen Sie schnelle Hilfe, etwa wenn im Winter die Heizung ausfällt, kommt ein Eilverfahren in Betracht. Die einstweilige Verfügung sichert Ansprüche vorläufig, wenn sonst erheblicher Schaden droht. Dafür wenden Sie sich in der Regel an das Amtsgericht am Wohnort. Es gibt gerichtliche Bereitschaftsdienste, die je nach Gericht kurzfristige Entscheidungen ermöglichen. Konkrete Erreichbarkeit und Abläufe unterscheiden sich regional. Der Antrag muss die Dringlichkeit glaubhaft machen. Denken Sie daran, dass Eilentscheidungen überprüfbar sind und nicht die Hauptsache ersetzen.
Ein Verfahren entsteht nicht aus dem Nichts. Meist geht ein Schriftwechsel voraus, zum Beispiel eine Kündigung, Mieterhöhung oder Mängelanzeige. Reagiert die Gegenseite nicht, folgt der Gang zum Gericht. Entscheidend sind Fristen und die richtige Form.
Die klassische Klage startet mit einer Klageschrift beim zuständigen Amtsgericht. Darin stellen Sie den Antrag, schildern den Sachverhalt, benennen Beweise und fügen Anlagen bei. Alternativ gibt es das gerichtliche Mahnverfahren für reine Geldforderungen. Es ist schlank, geht ohne ausführliche Begründung und kann schnell zu einem Vollstreckungsbescheid führen. Bei dringenden Gefahren hilft die einstweilige Verfügung. Sie sichert Ansprüche vorläufig und kann den Status quo erhalten, etwa beim Heizungsausfall im Winter.
Wählen Sie das passende Verfahren entsprechend dem Ziel, der Dringlichkeit und der Beweislage aus. Prüfen Sie bereits im Voraus, ob Vergleichsmöglichkeiten bestehen. Eine frühe Einigung spart Zeit und Kosten. Die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Mietrecht ist bei sämtlichen Schritten eine große Hilfe und Entlastung.
Nach Einreichung stellt das Gericht die Klage zu. Berüchtigt ist der blaue Brief als Zustellungsurkunde. Ab Zustellung laufen Fristen. Wer als Beklagter nicht reagiert, kann allein deshalb verlieren. Innerhalb von zwei bis vier Wochen verlangt das Gericht eine Klageerwiderung und die Mitteilung, ob Sie sich verteidigen. Häufig terminiert das Gericht zugleich die erste Verhandlung oder ordnet ein schriftliches Verfahren an.
Sammeln Sie Beweismittel früh. Typisch sind Zeugen, Fotos, Protokolle, Handwerkerrechnungen, Mietvertrag und Nebenkostenabrechnung. Wer anwaltlich vertreten ist, muss oft nicht persönlich zum ersten Termin erscheinen, es sei denn, das Gericht ordnet das an.
Seit Jahren ist eine Güteverhandlung in der ersten Instanz vorgesehen. Das Gericht klärt mit den Parteien den Streitstand und lotet eine Einigung aus. Häufig endet der Konflikt im Vergleich. Der Vergleich wird protokolliert und ist ebenso vollstreckbar wie ein Urteil. Setzen Sie in Vergleichen klare Fristen und Bedingungen, zum Beispiel zur Mängelbeseitigung oder Ratenzahlung. Parallel können Sie außergerichtliche Wege nutzen. Mediation und Schlichtung helfen, wenn das Mietverhältnis fortgesetzt werden soll und beide Seiten gesichtswahrende Lösungen suchen.
Kommt keine Einigung zustande, beginnt die streitige Verhandlung. Dann entscheidet am Ende ein Urteil, das schriftlich begründet wird.
Eine Zivilverhandlung folgt einem klaren Muster. Sie treffen auf Gericht, Gegenpartei und gegebenenfalls Zeugen oder Sachverständige.
Im Amtsgericht verhandelt meist ein Richter, unterstützt von der Protokollführung. Staatsanwälte gibt es im Zivilprozess nicht. Parteien heißen Kläger und Beklagter. Beide dürfen sich vertreten lassen. Am Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang. Trotzdem ist anwaltliche Begleitung häufig sinnvoll, etwa bei komplexen Kündigungen oder hohen Forderungen. Hinzu kommen benannte Zeugen und eventuell Sachverständige, etwa zu Feuchtigkeit, Schimmel oder Heizkosten. Die Öffentlichkeit ist zugelassen, praktisch sind Zuschauer selten.
Wer persönlich erscheinen soll, wird ausdrücklich geladen. Versäumen Sie den Termin nicht. Unentschuldigtes Fernbleiben kann nachteilige Folgen haben.
Zu Beginn stellt das Gericht den Sach- und Streitstand kurz dar. Daran schließt sich die Güteverhandlung an. Sie dient der schnellen Einigung. Scheitert sie, folgt die streitige Verhandlung. Hier sprechen zunächst die Anwälte oder die Parteien. Das Gericht stellt Fragen und steuert die Diskussion. Nicht jeder Termin ist lang. Manchmal werden mehrere Verfahren hintereinander aufgerufen. In manchen Fällen fällt das Urteil direkt. Häufig setzt das Gericht einen weiteren Termin an, etwa für die Beweisaufnahme.
Wichtig ist, klar und sachlich zu bleiben. Bringen Sie Unterlagen geordnet mit. Wer vorbereitet erscheint, schafft Vertrauen und vermeidet Verzögerungen.
Wer etwas verlangt, muss es beweisen. Diese einfache Regel entscheidet oft den Ausgang. Vermieter müssen bei Eigenbedarfskündigungen den Bedarf konkret darlegen. Mieter müssen für Mängel Beweise liefern. Dazu zählen Fotos, Mängelanzeigen, Fristenbriefe, Handwerkerberichte und Zeugen. Das Gericht kann Sachverständige beauftragen.
Die Beweisaufnahme folgt festen Regeln. Zeugen werden einzeln vernommen. Sachverständige erstellen Gutachten. Das Gericht würdigt am Ende alle Beweise. Reicht die Beweislast nicht aus, verliert die Partei, die den Beweis schuldet. Dokumentieren Sie früh und konsequent. Bei Schönheitsreparaturen ist zum Beispiel maßgeblich, was im Vertrag vereinbart ist und ob Klauseln wirksam sind.
In unseren FAQs werfen wir einen Blick auf die häufigsten Fragen zum Thema.
Für Wohnraummiete ist in der ersten Instanz das Amtsgericht am Ort der Wohnung zuständig – unabhängig vom Streitwert. Bei Gewerberaum zählt der Streitwert: Bis 5.000 Euro entscheidet das Amtsgericht, darüber das Landgericht.
Sie reichen eine Klage beim zuständigen Gericht ein. Beschreiben Sie den Sachverhalt, stellen Sie klare Anträge und fügen Sie Belege bei (z. B. Mietvertrag, Mängelanzeige, Fotos, Abrechnungen). Für reine Geldforderungen kommt alternativ das gerichtliche Mahnverfahren in Betracht. Bei akuter Dringlichkeit (etwa Heizungsausfall im Winter) können Sie eine einstweilige Verfügung beantragen.
Am Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang. Eine Vertretung ist dennoch oft sinnvoll, etwa bei Kündigungen, Räumungsklagen oder komplexen Beweisfragen. Vor dem Landgericht und in Rechtsmitteln (Berufung/Revision) herrscht Anwaltszwang. Vor dem Bundesgerichtshof dürfen nur dort zugelassene Anwälte auftreten.