Mietminderung wegen Ungeziefer: Was ist erlaubt?

Ein paar Silberfische im Bad sind lästig, ein ganzes Ameisennest in der Küche ist eine Belastung – doch wann wird Ungeziefer zum rechtlich relevanten Mangel? Als Mieter dürfen Sie die Miete kürzen, wenn Schädlinge die Nutzung Ihrer Wohnung spürbar einschränken. Dabei gelten klare Spielregeln: Der Befall muss erheblich sein, Sie müssen den Vermieter informieren – und die Höhe der Kürzung richtet sich nach der Art und dem Ausmaß des Problems.

 

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Wann liegt ein Mietmangel durch Ungeziefer vor?

Ein Mietmangel entsteht, wenn die Wohnung nicht mehr in dem Zustand ist, den Sie vertraglich erwarten dürfen. Kleinere Unannehmlichkeiten wie gelegentliche Silberfische an der Tapete gelten generell noch als zumutbares Lebensrisiko. Erst wenn das Ungeziefer das Wohnen spürbar erschwert oder eine Gesundheitsgefahr droht, spricht das Mietrecht von einem erheblichen Mangel. Entscheidend ist, ob die Gebrauchstauglichkeit Ihrer Räume deutlich eingeschränkt ist – zum Beispiel, wenn Kakerlaken in der Küche immer wieder auftauchen oder Ratten im Keller hausen.

Einzelne Ameisen, die vereinzelt über den Fußboden krabbeln, gelten nicht als gravierender Mangel. Sobald es jedoch zu massenhaftem oder wiederholtem Befall kommt, können Sie die Miete mindern und vom Vermieter Beseitigungsmaßnahmen verlangen.


Voraussetzungen für eine Mietminderung

Damit Sie als Mieter die Miete rechtmäßig kürzen können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Erheblicher Mangel: Der Schädlingsbefall muss deutlich über das normale Maß hinausgehen.
  2. Mängelanzeige: Sie müssen den Vermieter über den Befall informieren – am besten schriftlich und mit Beweisfotos.
  3. Frist setzen: Geben Sie dem Vermieter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Schädlinge.
  4. Keine eigene Schuld: Ist der Befall auf unsachgemäße Lagerung, mangelnde Sauberkeit oder Tierfütterung zurückzuführen, ist keine Mietminderung erlaubt.

Wichtig: Halten Sie die Kommunikation mit dem Vermieter stets nachvollziehbar und dokumentieren Sie den Befall möglichst genau.


Wer trägt die Verantwortung für den Schädlingsbefall?

Die Ursache für das Auftreten des Ungeziefers ist entscheidend dafür, wer die Verantwortung und damit die Kosten trägt. Grundsätzlich gilt:

  • Verantwortung des Vermieters: Bauliche Mängel wie Risse in Wänden, undichte Fenster oder feuchte Keller gelten als typische Ursachen für Schädlingsbefall. In solchen Fällen muss der Vermieter handeln und die Kosten tragen.
  • Verantwortung des Mieters: Wird der Befall durch mangelnde Hygiene, falsche Lagerung von Lebensmitteln oder das Anlocken von Tieren verursacht, ist der Mieter in der Pflicht. Eine Mietminderung ist dann ausgeschlossen.

Wie hoch darf die Mietminderung sein?

Die Höhe der Mietminderung richtet sich nach der Art und Schwere des Mangels. Sie muss immer verhältnismäßig sein. Gerichte haben in der Vergangenheit folgende Minderungsquoten anerkannt:

  • Silberfische im Schlafzimmer: bis zu 20 %
  • Starker Kakerlakenbefall: bis zu 10 %
  • Mäuseplage in mehreren Räumen: bis zu 10 %
  • Ratten im Hof oder auf dem Balkon: 5 bis 10 %
  • Gelegentliche Ameisen: meist kein Grund zur Minderung, maximal 1 %

Diese Werte dienen als Orientierung. In jedem Einzelfall entscheidet jedoch die konkrete Situation in Ihrer Wohnung.

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Beispielfall: Mietminderung wegen Ameisen – Gericht lehnt Anspruch ab

Ein Mieter aus Nordrhein-Westfalen versuchte, aus einem minimalen Ameisenbefall eine Mietkürzung abzuleiten. Über ein halbes Jahr hinweg dokumentierte er äußerst sorgfältig das Vorkommen einzelner Ameisen in seiner Wohnung. Im Juni entdeckte er an sieben Tagen jeweils eine bis zwei Ameisen, im Juli an drei Tagen. Im September zählte er an einem Tag sogar drei Exemplare. Insgesamt kamen so 27 Ameisen in sechs Monaten zusammen.

Diese Zahlen nahm der Mieter zum Anlass, die Miete zu kürzen. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei den Tieren um sogenannte „Späher“, die einen großflächigen Befall vorbereiteten. Den daraus resultierenden „Mangel“ sah er als ausreichenden Grund, einen Teil der Miete zurückzuhalten.

Der Vermieter akzeptierte diese Begründung nicht und klagte auf Zahlung der einbehaltenen Beträge. Das Amtsgericht Köln entschied am 6. April 1998 (Az. 213 C 548/97) zugunsten des Vermieters. Nach Auffassung des Gerichts stellen 27 Ameisen innerhalb eines halben Jahres keinen erheblichen Mangel der Mietsache dar. Auch die Argumentation, es handle sich um eine Vorhut einer bevorstehenden Invasion, überzeugte das Gericht nicht.

Das Urteil zeigt deutlich: Eine Mietminderung ist nur bei ernstzunehmendem und dauerhaftem Schädlingsbefall möglich – vereinzelte Insekten reichen dafür nicht aus.


Prävention und Selbsthilfe: So halten Sie Krabbler fern

Halten Sie Ihre Küche konsequent sauber, wischen Sie Arbeitsflächen täglich ab und entsorgen Sie Abfälle so, dass erst gar kein Lockduft entsteht. Verschließen Sie Vorräte luftdicht; besonders Mehl, Nüsse oder Tierfutter wandern am besten direkt nach dem Einkauf in fest schließende Gläser oder Dosen, damit Motten keine Chance haben. 

Achten Sie auf mögliche Einfallstore: Versiegeln Sie Ritzen im Mauerwerk mit Silikon oder Bauschaum, bringen Sie Fliegengitter an Lüftungsschächten an und kontrollieren Sie Tür‑ und Fensterdichtungen. Ein trockenes Raumklima erschwert Silberfischen das Leben, daher lohnt sich regelmäßiges Stoßlüften ebenso wie gründliches Trocknen von Bad und Küche nach dem Duschen oder Kochen. Entdecken Sie einzelne Insekten, handeln Sie sofort, entfernen Sie die Tiere gründlich und setzen Sie bei Bedarf Köder oder Fallen ein – so verhindern Sie, dass sich aus einem harmlosen Besucher eine Plage entwickelt. 

Tauschen Sie sich außerdem frühzeitig mit Ihren Nachbarn aus, denn ein Befall breitet sich oft über Leitungsschächte oder Kellerräume aus; gemeinsames Vorgehen spart Zeit, Kosten und Nerven.


Rechtliche Fallstricke im Mietvertrag

Achten Sie darauf, dass keine Klauseln im Mietvertrag stehen, die die Bekämpfungskosten pauschal auf Sie abwälzen oder Sie verpflichten, eine besondere Nachweispflicht zu erfüllen. Solche Vereinbarungen sind in der Regel unwirksam, da nach deutschem Recht die Pflicht zur Erhaltung einer schädlingsfreien Mietsache beim Vermieter liegt. Sollten Sie auf eine solche Klausel stoßen, weisen Sie schriftlich auf Ihre gesetzlichen Rechte hin und verlangen Sie eine Korrektur des Vertrags. Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Experten prüfen, ob Ihr Mietvertrag unzulässige Regelungen enthält.


Fazit: Mietminderung bei Ungeziefer – mit Bedacht vorgehen

Ein Befall mit Schädlingen kann ernsthafte Folgen für die Wohnqualität haben. In solchen Fällen stehen Ihnen als Mieter rechtliche Mittel zur Verfügung. Doch Vorsicht: Eine Mietminderung ist nur erlaubt, wenn der Mangel erheblich ist und nicht von Ihnen selbst verursacht wurde.

Bevor Sie die Miete kürzen, informieren Sie den Vermieter schriftlich, dokumentieren Sie den Befall und setzen Sie eine Frist zur Beseitigung. Bleibt der Vermieter untätig, dürfen Sie selbst Maßnahmen ergreifen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Schritte stets belegen können – am besten mit Fotos und Zeugen.

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Situation eine Mietminderung rechtfertigt, holen Sie sich rechtlichen Rat. Denn im Zweifel entscheidet am Ende ein Gericht, ob Ihr Vorgehen rechtens war.

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