
Viele Mieter unterschreiben ihren Mietvertrag, ohne jedes Detail zu hinterfragen – vor allem, wenn der Vertrag lang und unübersichtlich ist. Eine Klausel, die dabei leicht „untergeht“, ist die Vereinbarung einer Indexmiete. Sie koppelt Ihre Miete an die allgemeine Preisentwicklung und kann spürbare Folgen für Ihren Geldbeutel haben. Aktuelle Gerichtsentscheidungen zeigen: Entscheidend ist nicht nur, was zur Indexmiete geregelt wird, sondern auch wo im Vertrag diese Klausel steht.
In diesem Ratgeber gehen wir auf den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2025 (63 S 138/24) zur richtigen Stelle im Mietvertrag sowie auf weitere Aspekte der Indexmiete ein.
Lesen Sie in diesem Ratgeber:
Eine Indexmiete koppelt Ihre Miete an die allgemeine Preisentwicklung. Grundlage ist dabei der Verbraucherpreisindex, den das Statistische Bundesamt regelmäßig veröffentlicht. Für viele Vermieter ist das attraktiv, weil sie nicht ständig mit Mietspiegeln argumentieren müssen. Für Mieter ist es wichtig zu verstehen, wie dieses System funktioniert.
Bei einer Indexmiete vereinbaren Sie und Ihr Vermieter schriftlich, dass sich die Miete nach dem „Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“ richtet (§ 557b Abs. 1 BGB). Ändert sich dieser Index, darf die Miete im gleichen Verhältnis angepasst werden.
Wichtig: Die Miete muss immer mindestens ein Jahr unverändert bleiben, bevor eine weitere Erhöhung kommen darf (§ 557b Abs. 2 BGB). Eine Erhöhung erfolgt außerdem nicht automatisch, sondern Ihr Vermieter muss sie Ihnen in Textform erklären und die Berechnung nachvollziehbar darlegen. Als Mieter können Sie diese Berechnung überprüfen, etwa anhand der Werte des Statistischen Bundesamts, die öffentlich zugänglich sind.
Für Mieter hat die Indexmiete Licht- und Schattenseiten. Auf der Plusseite steht, dass der Vermieter die Miete nicht mehr zusätzlich nach der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) anheben darf und Modernisierungserhöhungen nur noch in engen, gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen möglich sind. Die Miete steigt nur, wenn auch der Verbraucherpreisindex steigt. Und theoretisch müsste sie sogar sinken, wenn der Index fällt. In der Praxis ist letzteres bisher selten, und die Senkung tritt nicht automatisch ein. Sie müssen sie als Mieter aktiv verlangen.
Auf der Minusseite steht: In Zeiten hoher Inflation können die Erhöhungen deutlich ausfallen und die Mietpreisbremse wirkt nur für die anfängliche Ausgangsmiete. Spätere Indexerhöhungen fallen nicht unter sie. Auch die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach § 558 BGB greift bei einer wirksamen Indexmiete nicht. Für Ihre finanzielle Planung ist es deshalb wichtig zu wissen, ob die Indexklausel in Ihrem Mietvertrag überhaupt wirksam vereinbart wurde.
Das Landgericht Berlin hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Indexmiete zwar im Vertrag erwähnt wurde, aber an sehr ungewöhnlicher Stelle. Die Frage lautete: Muss ein Mieter mit einer solchen Klausel rechnen, wenn sie nicht im Abschnitt zur Miethöhe steht, sondern irgendwo hinten unter „Sonstige Vereinbarungen“? Die Antwort des Gerichts ist für Mieter erfreulich klar – und für viele Formularmietverträge brisant.
Im entschiedenen Fall stand die eigentliche Miethöhe in § 3 des Mietvertrags, überschrieben mit „Miete und Nebenkosten“. Dort fand sich kein Hinweis auf eine Indexmiete. Stattdessen tauchte der Satz „Mieter und Vermieter vereinbaren eine Indexmiete gemäß § 557b BGB“ erst in § 16 unter der Überschrift „Sonstige Vereinbarungen“ auf. Gemeinsam mit eher technischen Punkten zur Vertragswirksamkeit und Kommunikation.
Das Amtsgericht Schöneberg erklärte diese Indexmietklausel für unwirksam und gab den Mietern Recht (AG Schöneberg, Urteil vom 11.04.2024, 13 C 174/23). Die Vermieterin legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Das Landgericht Berlin schloss sich der Einschätzung des Amtsgerichts an, bewertete die Klausel ebenfalls als überraschend und intransparent und beabsichtigte, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen (LG Berlin, Beschluss vom 13.01.2025, 63 S 138/24). Für die Mieter bedeutet das: Die verlangte Mieterhöhung war unwirksam, da es an einer wirksam vereinbarten Indexmiete fehlte.
Nach § 305c Abs. 1 BGB werden überraschende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil. Genau das nahm das Landgericht Berlin an: Eine Regelung zur Miethöhe erwartet man im Abschnitt „Miete und Nebenkosten“ – nicht versteckt unter „Sonstige Vereinbarungen“ zwischen Nebensächlichkeiten.
Nach Ansicht des Gerichts dürfen Mieter Überschriften im Vertrag ernst nehmen. Wenn die Indexmiete nicht dort geregelt ist, wo man sie typischerweise erwartet, muss sie jedenfalls besonders deutlich hervorgehoben werden. Zum Beispiel durch einen eigenen Paragraphen „Indexmietvereinbarung“. Fehlt eine solche klare Platzierung, ist der Überraschungseffekt so groß, dass die Klausel nicht gilt.
Für Sie heißt das: Befindet sich die Indexklausel an einer „krummen“ Stelle, kann genau das Ihre Chance sein, eine Mieterhöhung abzuwehren.
Das Landgericht beanstandete außerdem, dass die Klausel lediglich auf „§ 557b BGB“ verwies, ohne zu erklären, was das konkret bedeutet. Für juristische Laien ist ein reiner Paragrafenverweis schwer verständlich. Nach dem Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB müssen Vertragsklauseln so formuliert sein, dass Verbraucher ihre Rechte und Pflichten ohne Rechtsberatung erkennen können.
Als Mieter können Sie selbst eine erste „Plausibilitätsprüfung“ Ihres Mietvertrags vornehmen. Dabei geht es weniger um juristische Feinheiten als um klare Struktur und verständliche Sprache. Wenn Ihnen die Indexklausel schon beim Lesen spanisch vorkommt oder Sie sie erst auf den zweiten Blick entdecken, ist das ein Warnsignal. Dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen – oder Hilfe einzuholen.
Nehmen Sie Ihren Mietvertrag zur Hand und suchen Sie zuerst nach dem Abschnitt, in dem die Miethöhe geregelt ist. Häufig heißt er „Mietzins“, „Miete“ oder „Miete und Nebenkosten“. In einem „sauberen“ Vertrag finden Sie dort entweder direkt die Indexmiete oder zumindest einen klaren Verweis auf einen gesonderten Paragraphen „Indexmiete“ oder „Indexmietvereinbarung“.
Taucht der Begriff „Indexmiete“ dagegen völlig woanders auf – etwa ganz hinten unter „Sonstige Vereinbarungen“, zwischen Schönheitsreparaturen und Hausordnung – spricht vieles für eine überraschende Klausel. Besonders kritisch ist es, wenn die Indexregelung in einem längeren Fließtext oder in einer Liste kleiner Nebenpunkte versteckt ist. Sie müssen als Mieter den Mietvertrag zwar lesen, aber Sie müssen nicht mit „Suchspielen“ rechnen. Wenn Sie die Indexmietklausel nur mit erheblichem Aufwand finden oder sie gar nicht zu den Überschriften passt, kann das ein starkes Argument gegen ihre Wirksamkeit sein.
Neben der Platzierung zählt der Inhalt der Klausel. Eine transparente Indexmietvereinbarung benennt klar, dass sich die Miete nach dem vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland richtet. Sie macht deutlich, dass sich die Miete im gleichen prozentualen Verhältnis wie der Index ändern soll – nach oben wie nach unten. Außerdem sollte beschrieben werden, wann und wie der Vermieter eine Anpassung verlangen kann, etwa ab welcher Indexänderung und in welcher Form die Erklärung erfolgen muss.
Nicht zwingend ist, dass die gesetzliche Jahresfrist im Vertrag noch einmal genannt wird. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Fehlen dieses Hinweises die Klausel nicht automatisch intransparent macht (BGH, Urteil vom 26.5.2021, VIII ZR 42/20).
Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema in einem FAQ zusammen.
Eine Indexmiete ist ein Mietmodell, bei dem sich Ihre Miete an der allgemeinen Preisentwicklung orientiert. Maßstab ist der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland. Steigt der Index, darf auch die Miete im gleichen prozentualen Verhältnis steigen. Fällt der Index, müsste die Miete theoretisch sinken.
Eine Klausel ist „überraschend“, wenn ein durchschnittlicher Mieter an dieser Stelle des Vertrags nicht mit ihr rechnen muss. Eine Regelung zur Miethöhe gehört typischerweise dorthin, wo die Miete geregelt ist. Nicht in einen Sammelpunkt mit eher nebensächlichen Vereinbarungen. Nach der Auffassung des Landgerichts Berlin müssen Mieter Überschriften ernst nehmen dürfen. Ist die Indexmiete an einer unerwarteten Stelle versteckt und nicht besonders hervorgehoben (z. B. eigener Paragraph „Indexmietvereinbarung“), kann sie als überraschend und damit nicht Vertragsbestandteil gelten. Dann fehlt es an einer wirksamen Indexmiete und eine darauf gestützte Mieterhöhung ist angreifbar.
Ein erstes Warnsignal ist, wenn Sie die Klausel nur mit Mühe finden. Taucht der Begriff „Indexmiete“ nicht im Abschnitt zur Miete, sondern irgendwo hinten unter „Sonstige Vereinbarungen“ oder mitten in einem langen Fließtext zwischen Nebenthemen auf, spricht vieles für eine überraschende Klausel. Auch eine bloße Formulierung wie „Es gilt § 557b BGB“ ohne weitere Erklärung kann auf Intransparenz hindeuten. Wenn Ihnen der Wortlaut „spanisch vorkommt“ oder Sie die Bedeutung ohne Nachfrage nicht verstehen, lohnt sich eine genaue Prüfung – gegebenenfalls mit fachlicher Unterstützung.