Sozialwohnungen und Mietrecht – diese Sonderregeln gelten

Sozialwohnungen sollen Haushalten mit geringem Einkommen ein sicheres Zuhause bieten. Der Vermieter erhält dafür staatliche Fördergelder, muss aber strenge Vorgaben einhalten. Für Sie als Mieter bedeutet das besondere Rechte, aber auch einige Pflichten.

Der folgende Ratgeber erklärt Ihnen verständlich, worauf Sie achten sollten – von der ersten Antragstellung bis zum möglichen Auszug.

 

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Was ist eine Sozialwohnung und wer darf einziehen?

Sozialwohnungen unterliegen einer so genannten Belegungs und Mietpreisbindung. Diese Bindung schreibt vor, an wen der Vermieter vermieten darf und wie hoch die Miete sein darf. So soll verhindert werden, dass Wohnungen, die mit staatlicher Hilfe gebaut wurden, zu Marktpreisen weitervermietet werden.

 

Definition und Ziel der sozialen Wohnraumförderung

Eine Sozialwohnung ist eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung, deren Miete deutlich unter dem ortsüblichen Niveau liegt. Zweck der Förderung ist es, Menschen mit niedrigem Einkommen vor Verdrängung aus ihrem Wohnumfeld zu schützen und gleichzeitig soziale Durchmischung zu sichern. Im Gegenzug verpflichtet sich der Vermieter, an berechtigte Haushalte zu vermieten und höchstens die sogenannte Kosten‑ bzw. Bewilligungsmiete zu verlangen. Kostenmiete gilt dabei nur für vor 2002 geförderte Bestände; bei neueren Wohnungen legt die Förderstelle eine Bewilligungsmiete fest.

 

Der Wohnberechtigungsschein (WBS): Schlüssel zum Einzug

Ohne gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS) können Sie keine Sozialwohnung beziehen. Den Schein stellt das Wohnungs‑ oder Bezirksamt aus. Er bestätigt, dass Ihr anrechenbares Jahresnettoeinkommen (nach Abzug gesetzlicher Freibeträge) eine festgelegte Obergrenze nicht überschreitet. Der WBS ist meist ein Jahr gültig. Werden Sie in dieser Zeit Mieter, bleibt er für die gesamte Mietdauer wirksam. Wenn Sie später in eine andere Sozialwohnung umziehen möchten, benötigen Sie allerdings einen neuen WBS.

 

Aktuelle Einkommensgrenzen und regionale Unterschiede

Die Einkommensobergrenzen werden von jedem Bundesland selbst festgelegt und in unregelmäßigen Abständen angepasst. Beispiel Nordrhein‑Westfalen (gültig seit 1. Januar 2025): 23.540 € für einen Einpersonenhaushalt, 28.350 € für zwei Personen; je weiterer Person 6.530 € zusätzlich. Andere Länder haben vergleichbare oder zum Teil höhere, zum Teil aber auch deutlich niedrigere Werte. Erkundigen Sie sich deshalb immer beim zuständigen Wohnungsamt nach den aktuell geltenden Grenzen in Ihrem Bundesland.

Zusätzlich ordnet die Behörde Antragstellende in Dringlichkeitsstufen ein, zum Beispiel Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderung in höhere Stufen. Damit erhalten besonders Schutzbedürftige schneller Wohnraum.


Mietpreisbindung und Kostenmiete verstehen

Die Miete in einer älteren Sozialwohnung heißt Kostenmiete. Sie soll alle Aufwendungen des Vermieters decken, aber keinen Gewinn ermöglichen. Für Neubau‑ oder Nachförderungen nach 2001 wird dagegen in der Förderzusage eine Bewilligungsmiete festgelegt, deren Ausgangshöhe und Anpassungsschritte unmittelbar in dem Bescheid stehen.

 

So wird die Kostenmiete berechnet

Das Amt erstellt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung (nur für vor 2002 geförderte Wohnungen erforderlich). Darin stehen Bau‑, Grundstücks‑, Zins‑, Tilgungs‑ und Verwaltungskosten sowie Instandhaltungsrücklagen. Die Summe wird durch die Gesamtwohnfläche geteilt – das Ergebnis bildet die zulässige Nettokaltmiete.

 

Mieterhöhung während der Bindung

Eine Erhöhung ist nur erlaubt, wenn die laufenden Kosten objektiv steigen, etwa durch höhere Zinsen oder genehmigte Modernisierungen. Der Vermieter muss jede Änderung schriftlich begründen und die neue Kostenmiete exakt vorrechnen. Ohne nachvollziehbare Berechnung bleibt Ihre alte Miete bestehen.

 

Ende der Bindung: Was bleibt von der Mietpreisbremse?

Läuft die Preisbindung – häufig nach 15, 25 oder 30 Jahren – aus, wird die zuletzt gezahlte Kostenmiete automatisch zur Ausgangsmiete des freien Markts. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt: Nach Wegfall der Bindung schulden Mieter weiterhin die bisherige Kostenmiete; sie darf nur nach den Regeln der §§ 558 ff. BGB angehoben werden (BGH, Urteil vom 16. 6. 2010, VIII ZR 258/09).

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Kündigungsschutz und Sonderregeln

In öffentlich gefördertem Wohnraum gelten verschärfte Anforderungen für eine Kündigung – zusätzlich zu den allgemeinen Schutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

 

Eigenbedarfskündigung: zusätzliche Hürden

Will der Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigen, muss die einziehende Person selbst einen WBS vorlegen oder die Wohnungsbehörde muss die Kündigung vorab genehmigen. Fehlt diese Voraussetzung, ist die Kündigung unwirksam (AG Tempelhof‑Kreuzberg, Urteil vom 12. 09. 2019, 12 C 51/19). 

 

Härtefall und Sozialklausel

Auch bei wirksamer Kündigung können Sie sich auf die Sozialklausel (§ 574 BGB) berufen, wenn der Auszug für Sie eine unzumutbare Härte bedeutet, etwa schwere Krankheit oder fehlende Ersatzwohnung. Das Gericht muss dann abwägen, ob Ihr Bleibeinteresse stärker wiegt als das Nutzungsinteresse des Vermieters. In Sozialwohnungen wird die Härtefallprüfung oft genauer vorgenommen, weil bereits ein erhöhtes Schutzbedürfnis besteht.


Modernisierung, Mängel und Nebenkosten

Neben der Miete spielen Modernisierungsumlagen, Instandhaltung und Betriebskosten eine Rolle.

 

Modernisierung: Umlagefähige Kosten und Grenzen

Der Vermieter darf Modernisierungskosten in der Regel mit maximal 8 % pro Jahr auf die Miete umlegen. Bei Sozialwohnungen braucht er zusätzlich eine Genehmigung der Förderstelle, wenn die Umlage zu einem Überschreiten der Kosten‑/Bewilligungsmiete führt. Seit 2019 gilt bundesweit eine Kappungsgrenze: Innerhalb von sechs Jahren darf die Miete um höchstens 3 €/m² steigen (nur 2 €/m², wenn die Ausgangsmiete unter 7 €/m² lag). Überschreitet die geplante Umlage diese Grenzen, kann die Behörde die Maßnahme untersagen.

 

Mängelanzeige und Nebenkostenkontrolle

Auch in geförderten Wohnungen haben Sie Anspruch auf mängelfreies Wohnen. Zeigen Sie Mängel sofort schriftlich an und setzen Sie eine Frist zur Beseitigung. Kommt der Vermieter in Verzug, dürfen Sie die Miete mindern – Höhe nach Grad der Beeinträchtigung. Bei den Nebenkosten gilt: Die Abrechnung muss jährlich erfolgen, und Sie dürfen Belegeinsicht verlangen. Das bestätigt die allgemeine BGHRechtsprechung.


Häufige Fragen & deren Antworten (FAQ)

In unseren FAQs werfen wir einen Blick auf die häufigsten Fragen zum Thema.

 

Wann habe ich Anspruch auf eine Sozialwohnung?

Sie brauchen einen gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS). Ob Sie ihn bekommen, richtet sich nach Ihrem Haushalts­einkommen und der Zahl der im Haushalt lebenden Personen. Liegen Sie unter den vom Bundesland festgelegten Einkommensgrenzen und erfüllen keine Ausschlussgründe (z. B. Wohneigentum in zumutbarer Nähe), dürfen Sie sich um eine geförderte Wohnung bewerben.

 

Was passiert, wenn mein Einkommen nach Vertrags­schluss steigt?

Ihre Mietberechtigung bleibt grundsätzlich bestehen. Ein höheres Einkommen führt also nicht automatisch zum Verlust der Wohnung. Erst bei einem extremen Anstieg kann die Behörde prüfen, ob Sie noch förderwürdig sind. Selbst dann erhalten Sie zunächst eine Frist, um Ersatzwohnraum zu finden; eine sofortige Kündigung ist ausgeschlossen.

 

Kann mir der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen?

In Sozialwohnungen gelten zusätzliche Hürden. Der Eigentümer muss entweder nachweisen, dass die einziehende Person einen gültigen Wohnberechtigungsschein (WBS) besitzt, oder vorab eine behördliche Genehmigung/Freistellung erhalten. Liegt keine dieser beiden Voraussetzungen vor, ist die Eigenbedarfskündigung unwirksam.

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