Tiny House – die neue Antwort auf Energie- und Wohnflächen-Krise?
In diesem Ratgeber:
- Wie ‘tiny’ ist das denn?
- Weniger Fläche, weniger CO2
- Einfach losfahren?
- Wirklich grün?
- Minimalismus als Nebenwirkung
- Wie viel kostet der Spaß?
- Erstmal ausprobieren, dann kaufen
- Grundstück für ein Tiny House mieten?
- Wer hatte die Idee?
Tiny House, das alternative Wohnkonzept, setzt auf Reduktion und Minimalismus – Leben auf kleinstem Raum, teils auch mobil, als Antwort auf steigende Energiepreise, zunehmende Flächenversiegelung und hohe Immobilienkosten. Der Markt für Tiny Houses, oder auch Mini- und Container-Häuser, hat sich zu einem zukunftsreichen Markt entwickelt und spricht schon längst nicht mehr die sogenannten Aussteiger an, sondern Singles, Paare, Rentner und Familien gleichermaßen.
Wie ‘tiny’ ist das denn?
Der durchschnittliche Wohnraum pro Kopf liegt bei 42,7 Quadratmetern. Die gängige Größe eines Tiny Houses beträgt aber weniger als die Hälfte. Dabei vereinen Tiny Houses alle Anforderungen des täglichen Wohnbedarfs auf weniger als 20 Quadratmetern. Eine Fläche, die in einem normalgroßen Haus gerade einmal für das Schlafzimmer ausreicht. Möglich macht dies eine durchdachte Raumaufteilung mit Reduktion auf das Wesentliche: Kochnische, ein kleines Bad und eine Schlafempore unter dem Dach. Auf 16 Quadratmetern Grundfläche können Minihäuser sogar über Schlafplätze für bis zu 4 Personen verfügen.
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Weniger Fläche, weniger CO2
In Deutschland verursachen Gebäude rund ein Drittel der CO2-Emissionen. Hier besteht also ein großer Hebel, wenn es um den Klimaschutz geht. Dabei steht der ökologische Aspekt immer häufiger im Vordergrund des kleinen Wohnens. Die Rechnung scheint einfach: Die Reduktion der Wohnfläche bedeutet eine Reduktion an benötigten Ressourcen.
Kurzum: Kleineres Haus bedeutet weniger CO2-Emission. Das betrifft zum einen den Ressourcenbedarf für den Bau des Hauses selbst. Zum anderen betrifft es den laufenden Betrieb wie den Bedarf an Strom und Heizenergie. So hängt der Heizenergiebedarf unmittelbar von der Größe der zu beheizenden Fläche ab. Durch eine Verkleinerung der Wohnfläche lässt sich der ökologische Fußabdruck somit erheblich reduzieren.
Einfach losfahren?
Einfach ein Tiny House auf eine freie Fläche stellen und darin wohnen… das geht aus rechtlicher Sicht aber nicht. Denn grundsätzlich unterliegen Tiny Houses als Wohnnutzung der Baugesetzgebung. Für einen festen Wohnsitz muss man sich auch bei der Aufstellung des Tiny Houses an die Bauverordnung halten. Egal ob es ums Thema Wasser, Abwasser oder Rettungswege geht, bei der Baugenehmigung und beim Erschließen eines Grundstücks gelten dieselben Gesetze und Vorschriften wie bei einem gewöhnlichen Wohnhaus.
Wirklich grün?
Die Autarkie des Hauses ist ein wichtiger Faktor des Tiny House Movement. Aus diesem Grund nutzen viele Bewohner in erster Linie Solarenergie. Diese wird über eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Minihauses gewonnen und deckt im Idealfall 60 Prozent des durchschnittlichen Energiebedarfs. Problematisch wird die Stromversorgung durch erneuerbare Energien bei schlechtem Wetter und im Winter, wenn die Tage wieder kürzer werden. Da die PV-Anlage in dieser Zeit deutlich weniger Strom produziert, sind die meisten Tiny Houses zusätzlich an das öffentliche Stromnetz angeschlossen.
Minimalismus als Nebenwirkung
Ein klarer Vorteil, den man mit einem Tiny House erlebt, ist natürlich, dass man sowieso nicht mehr so viel Zeug kaufen kann. Man wird also zu einem gewissen Minimalismus gezwungen. Wo soll man auch den Inhalt aus dem Einkaufswagen von IKEA zu hause denn hinstellen? Die Tiny House-Experten sagen, dass alle Lebenskosten niedriger werden, wenn man weniger kaufen muss und auch, dass die Zufriedenheit und Wohlbefinden in keinem Fall proportional zu den Quadratmetern, auf denen man wohnt, sind.
Wie viel kostet der Spaß?
Je nachdem für welche Wohnfläche Sie sich entscheiden, sind bezugsfertige Tiny Houses in Deutschland, die zwischen 15 und 35 Quadratmeter aufweisen, für zwischen 60.000 Euro und 90.000 Euro erhältlich. Die Kosten setzen sich dabei aus den Ausgaben für das Grundstück, die Anschlussgebühren, die Versorgungstechnik, die Innenausstattung, die Außenanlage und die Baunebenkosten zusammen. Wie schon erwähnt, befindet sich das Minihaus auf Dauer auf einem Grundstück, müssen Sie es dort wie jedes normale Wohnhaus genehmigen lassen – auch wenn es auf einem Anhänger steht.
Erstmal ausprobieren, dann kaufen
Auch wenn die kleinen Häuser derzeit in aller Munde sind, können sich wohl nur die wenigsten wirklich vorstellen, ihr Haus oder Eigentumswohnung dauerhaft gegen ein 20-Quadratmeter-Minihaus einzutauschen. Wer sich hier einmal ausprobieren möchte, dem empfiehlt sich ein Urlaub oder ein Probewohnen im Tiny House. Möglich ist dies beispielsweise im Tiny House Village im bayerischen Fichtelgebirge. Hier lebt eine feste Community aus derzeit 14 Bewohnern, die andere Menschen für das kleine Wohnung begeistern möchten. Dabei bieten Sie auch Übernachtungen und Probewohnen im Tiny House an. Falls es gut läuft, kann man sich dort gleich ein eigenes Tiny House anschaffen.
Grundstück für ein Tiny House mieten?
Der Paragraph 95 aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, der ursprünglich für das Eigentums- und Steuerrecht gedacht war, passt auch hervorragend für mobile Tiny Houses. Er beschreibt “Scheinbestandteile”, die, obwohl mit einem Grundstück „verbunden“ oder darauf abgestellt, rechtlich selbständige bewegliche Sachen sind und im Eigentum des Mieters bleiben. An mobile Wohnhäuser hat bei der Verabschiedung des Gesetzes noch niemand gedacht, doch es findet darauf genauso Anwendung.
Eine Verbindung von Sachen („entfernbares“ Tiny House auf das Grundstück stellen) zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgebend ist die innere Willensrichtung des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache (BGH, 23.9.2016 – V ZR 110/15, Tz. 15-16).
Ein Erbbau- (Pacht-) Vertrag mit Notar und Grundbucheintrag ist demnach nicht zwingend notwendig, um ein entfernbares Tiny House zum vorübergehenden Zweck, auf einem gemieteten Grundstück mit einer Baugenehmigung zu errichten. Es reicht ein einfacher Mietvertrag für das Grundstück mit dem Hinweis auf §95 BGB zum Aufstellen eines Tiny House.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ganz egal ob ein (Bau-) Grundstück gemietet, gepachtet oder gekauft wird – das Errichten (Aufstellen) eines Tiny Houses bedarf immer in irgendeiner Form einem behördlichen Verfahren. Das kann in Form eines Bauanzeige-, Kenntnisgabe- oder Mitteilungsverfahren sein. Auch eine Genehmigungsfreistellung oder ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren sind möglich. Selbst bei verfahrensfreien Bauvorhaben kann ein Kenntnisgabeverfahren von der Gemeinde gefordert werden.
Ob nun ein Grundstück gemietet oder gepachtet werden muss, hängt davon ab, ob das Aufstellen des Tiny House zum vorübergehenden Zweck erfolgt und die spätere Aufhebung des Vertrages von Anfang an beabsichtigt ist oder ob von Beginn an zu erkennen gegeben wird, das man dauerhaft (für immer) auf diesem Grundstück bleiben möchte.
Ist von vornherein klar, dass man in einigen Jahren mit seinem Haus weiter ziehen wird, so reicht ein ganz normaler Mietvertrag über das Grundstück. Die Baugenehmigung für das Tiny House wird dann in Bezug auf den Mietvertrag und das Tiny House als Scheinbestandteil nach §95 BGB beantragt.
Soll das Tiny House jedoch am besten für immer auf diesem Grundstück stehen, bzw. wird es fest mit dem Grundstück verbunden (z.B. durch ein Betonbodenplatte), dann lässt sich der vorübergehende Zweck des Gebäudes nicht mehr erkennen und somit wird in diesem Fall ein Erbbauvertrag benötigt.
Wer hatte die Idee?
Als Begründer der Tiny-House-Bewegung in den USA gilt der Amerikaner Jay Shafer. Er wollte ein winziges Häuschen für sich, erhielt dafür aber keine Baugenehmigung. Also baute er sein Haus auf einen Doppelachsanhänger. Die Immobilienkrise 2008, in der viele Menschen ihr Eigentum verloren hatten, machte die Bewegung richtig populär.
Mittlerweile gibt es tausende von Tiny House-Influencern, die in sozialen Netzwerken über ihren Mini-Lifestyle erzählen, auch in Deutschland. So zum Beispiel Alex und Lilli, ein deutsches Paar die sich in Großbritannien ihr Traum-Tiny-House gebaut haben, Tati, die aus Sachsen erfolgreich über Nachhaltigkeit und Tiny Houses erzählt oder Daniel und Daniela, die bald ein Tiny House Hotel in Hausen-Rieden eröffnen wollen. Auch in Köln bauen sie schon individuelle Tiny Houses, die ziemlich gut aussehen.