Mieter mit Therapiehund – neues Urteil zu Rechten und Pflichten

Therapiehund Mieter

Ein Hund, der epileptische Anfälle ankündigt oder bei Angststörungen beruhigt, ist mehr als ein Haustier. Er ist medizinische Hilfe auf vier Pfoten. Trotzdem geraten Mieter und Vermieter oft aneinander, wenn es um Haltung, Auslauf oder Umbauten geht. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Brandenburg vom 6. Mai 2025 (31 C 153/24) schafft Klarheit: Der Therapiehund darf bleiben, doch ein Zaun auf der Gemeinschaftsfläche muss weg. 

Wir erklären leicht verständlich, was das für Ihren Mietalltag bedeutet und wie Sie Konflikte vermeiden.

 

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Das Urteil auf einen Blick

Das Urteil betrifft zwar einen Einzelfall, doch seine Begründung folgt allgemeinen mietrechtlichen Grundsätzen. Die Kernaussagen lassen sich auf viele ähnlich gelagerte Streitigkeiten übertragen. Deshalb lohnt ein genauer Blick.

 

Worum ging es im konkreten Fall?

Im brandenburgischen Verfahren stritten Vermieterin und Mieterin über einen etwa drei mal vier Meter großen Hasendrahtzaun, den die Rollstuhlfahrerin hinter ihrer ebenerdigen Terrasse auf der Gemeinschaftsrasenfläche errichtet hatte. Der Hund der Mieterin – ein spezialisierter Therapiehund, der epileptische Anfälle erkennt – sollte dort selbständig sein Geschäft verrichten, wenn seine Halterin das Haus nicht verlassen konnte. Die Vermieterin hatte zwar die Hundehaltung erlaubt, nicht aber den Zaun. Nach mehreren Abmahnungen verlangte sie die Entfernung und klagte schließlich. 

Das Amtsgericht bestätigte das Versäumnisurteil vom 6. Januar 2025 und gab der Vermieterin endgültig recht: Der Zaun stellt keine bloße Dekoration dar, sondern grenzt Gemeinschaftseigentum ab und erweitert den vertraglich vereinbarten Nutzungsbereich der Wohnung. Eine solche Einfriedung sei ohne explizite Zustimmung vertragswidrig und daher zu beseitigen (AG Brandenburg, Urteil vom 6. 5. 2025, 31 C 153/24).

 

Die Kernaussagen des Gerichts

Das Gericht stellte klar, dass ein Vermieter die Haltung eines Therapie- oder Assistenzhundes grundsätzlich dulden muss, wenn die Behinderung des Mieters dadurch ausgeglichen wird. Ein Hundeverbot wäre hier eine unzulässige Benachteiligung. Im selben Atemzug betonte das Amtsgericht aber, dass § 554 BGB nur bauliche Veränderungen schützt, die innerhalb des vertraglich mitvermieteten Bereichs Barrieren abbauen – etwa Rampen oder Türverbreiterungen. Eine räumliche Erweiterung, wie sie ein Zaun auf Gemeinschaftsfläche bewirkt, fällt nicht darunter. Dem Mieter steht also kein Anspruch zu, fremde Flächen einzuzäunen, selbst wenn dies den Hundehalt erleichtert. 

 

Folge: Die Vermieterin durfte die Umfriedung widerrufen und deren Rückbau fordern, ohne gegen das Diskriminierungsverbot zu verstoßen.


Ihre Rechte als Mieter mit Therapiehund

Das Gerichtsurteil definiert Rechte nicht neu, es erinnert nur an bereits bestehende Schutzvorschriften. Wer einen Therapiehund hält, kann sich auf mehrere Rechtsquellen stützen – vorausgesetzt, die Formalitäten stimmen.

 

Genehmigung der Hundehaltung – formale Schritte

Auch ein Therapiehund gilt rechtlich als Hundehaltung und bedarf einer Erlaubnis, wenn der Mietvertrag Tiere nur nach Zustimmung zulässt. Bitten Sie schriftlich um Genehmigung und legen Sie gleich ein ärztliches Attest bei, aus dem die therapeutische Funktion eindeutig hervorgeht. Nennen Sie die Rasse, Größe und Ausbildung des Tieres. Viele Vermieter reagieren positiv, wenn sie einen klaren Nachweis sehen und konkrete Vorkehrungen zur Sauberkeit erläutert werden. Kommt keine Antwort, dürfen Sie den Antrag nach angemessener Frist – meist zwei bis vier Wochen – in der Regel als genehmigt ansehen.

Selbst bei einem ausdrücklich vereinbarten Haustierverbot muss der Vermieter – nach heutiger Rechtslage und ständiger Rechtsprechung – zustimmen, sofern keine konkret nachweisbaren, überwiegenden Gegeninteressen vorliegen.

 

Schutz vor Benachteiligung nach AGG und Grundgesetz

Sobald Ihr Hund nachweislich als Assistenz- oder Therapiehund dient, greift das Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Nach § 20 AGG darf ein Vermieter Menschen mit Behinderung nicht schlechter behandeln als andere. Ein pauschales Hundeverbot oder eine Kündigung wegen der Haltung wäre deshalb unwirksam, sofern der Hund tatsächlich Ihre gesundheitliche Teilhabe ermöglicht. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach betont, dass Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz (GG) einen Anspruch auf angemessene Rücksichtnahme begründet. 

 

Assistenzhund vs. „normaler“ Hund – gilt ein Sonderstatus?

Juristisch unterscheidet man nicht nur nach Rasse, sondern nach Funktion. Ein Assistenz- oder Therapiehund ist darauf trainiert, konkrete Aufgaben im Zusammenhang mit einer Behinderung zu erfüllen – etwa Alarmierung bei Epilepsie, Stabilisierung bei PTBS oder Unterstützung beim Aufheben von Gegenständen. Dadurch erhält das Tier rechtlich einen Status zwischen Hilfsmittel und Haustier. 

Konsequenz: Ein Vermieter muss härtere Gründe vorbringen, um die Haltung zu verbieten, als bei einem gewöhnlichen Begleithund. Unannehmlichkeiten wie gelegentliches Bellen reichen in der Regel nicht. Erst wenn objektiv erhebliche Störungen vorliegen kann der Vermieter einschreiten. Für Sie bedeutet das eine gestärkte Position, aber auch die Pflicht, die besondere Ausbildung und Bedeutung des Hundes jederzeit belegen zu können.

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Pflichten, die Sie im Blick haben sollten

Rechte bringen Verantwortung mit sich. Auch mit einem Therapiehund bleiben Sie an die Regeln des Mietvertrags gebunden. Die wichtigsten Pflichten lesen Sie hier.

 

Was als vertragswidriger Gebrauch gilt

Als vertragswidrig gilt jede Nutzung, die über das vereinbarte Nutzungsrecht hinausgeht oder andere Mieter spürbar beeinträchtigt. Ein Zaun auf Gemeinschaftsfläche – wie im entschiedenen Fall – erweitert Ihr Nutzungsrecht unzulässig, weil Sie damit einen Teil des Grundstücks für sich reservieren. Gleiches kann für selbst gebaute Hundehütten im Hausflur, wilde Sandkästen oder dauerhaft abgestellte Transportboxen gelten. Rein temporäre Maßnahmen, etwa eine mobile Welpengitterwand während der Fellpflege, werden dagegen meist als zulässig gewertet, solange Sie den Bereich anschließend räumen. 

Prüfen Sie daher jede Idee auf Vertragskonformität: Steht die Maßnahme in meinem Mietvertrag? Beeinträchtigt sie andere? Kann der Vermieter die Erlaubnis widerrufen? Wer diese Fragen vorab klärt, spart Nerven und Kosten.

 

Bauliche Veränderungen und § 554 BGB

§ 554 BGB erlaubt bauliche Veränderungen, wenn sie die behindertengerechte Nutzung der Mietsache ermöglichen. Wichtig: Der Begriff „Mietsache“ meint die gemieteten Räume und unmittelbar mitvermietete Flächen wie Balkon oder Terrasse, nicht jedoch beliebige Gemeinschaftsbereiche. Eine Rampe am Eingang, Haltegriffe im Bad oder eine Verbreiterung der Badezimmertür fallen klar unter die Vorschrift. Ein fest installierter Zaun auf dem Rasen hingegen nicht, weil er Ihr Nutzungsrecht erweitert. Sie können zwar um Erlaubnis bitten, aber keinen Rechtsanspruch geltend machen. 

 

Rücksicht auf Nachbarn und Gemeinschaftsflächen

Selbst wenn Ihr Hund unverzichtbar ist, müssen Sie Belästigungen minimieren. Dazu gehören regelmäßige Gassigänge, sorgfältige Kotbeseitigung und ein effektives Geruchsmanagement. Informieren Sie Nachbarn über die Aufgaben des Hundes – das schafft Verständnis, wenn er einmal anschlägt. Trainieren Sie leises Bellen auf Kommando und ersparen Sie Ihrem Tier stundenlange Alleinzeiten. Nutzen Sie geruchsdichte Kotbeutel statt offener Eimer auf der Terrasse. Achten Sie außerdem auf Allergiker im Haus: Gemeinsame Regeln für Aufzüge oder Waschküchen verhindern Konflikte. 

Kurzum: Seien Sie Vorbild. Dann reagieren Nachbarn und Vermieter eher großzügig, wenn doch einmal ein Malheur passiert oder eine kurzfristige Ausnahmeregelung nötig wird – zum Beispiel nach einer Operation oder bei extremem Wetter.


So vermeiden Sie Konflikte – praktische Empfehlungen

Mit guter Planung lassen sich viele Auseinandersetzungen verhindern, bevor sie eskalieren. Nutzen Sie die folgenden Strategien als Checkliste.

 

Frühzeitig kommunizieren und Vereinbarungen schriftlich festhalten

Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Vermieter, idealerweise noch vor dem Einzug oder der Anschaffung des Hundes. Legen Sie Atteste, Ausbildungsnachweise und einen kurzen Steckbrief des Hundes vor. Klären Sie praktische Fragen: Wer geht Gassi, wenn Sie krank sind? Wo wird der Hund geführt? Wie lange bleibt er allein? 

Halten Sie die Vereinbarungen schriftlich fest, zum Beispiel in einer Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag. So reduzieren Sie Interpretationsspielräume. Kommt es später zum Streit, können beide Seiten auf klare Formulierungen zurückgreifen, statt sich auf mündliche Erinnerungen zu verlassen. 

 

Nachweise sammeln – ärztliche Atteste und Schulungsnachweise

Heben Sie alle relevanten Unterlagen sorgfältig auf: das ärztliche Attest, den Ausbildungsvertrag des Hundes, Versicherungsnachweise und gegebenenfalls Bestätigungen des Vermieters. Führen Sie ein kleines Logbuch über Zwischenfälle oder Anfallswarnungen, bei denen Ihr Hund geholfen hat. Diese Dokumentation belegt nicht nur seine Bedeutung, sie kann auch im Streitfall zeigen, dass Sie Ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. 

Fotografieren Sie den Zustand von Gemeinschaftsflächen vor und nach der Nutzung. So widerlegen Sie Vorwürfe einer Beschädigung schnell und unaufgeregt. 

 

Flexible Lösungen statt Dauerzäune

Nicht jede Barriere erfordert eine feste bauliche Maßnahme. Oft genügen faltbare Welpengehege oder mobile Rasenmatten auf dem Balkon. Diese Lösungen lassen sich bei Bedarf schnell entfernen und hinterlassen keine Spuren. Sie mindern außerdem die Sorge des Vermieters vor dauerhaften Veränderungen. Prüfen Sie Förderprogramme von Krankenkassen oder Integrationsämtern, die mobile Hilfsmittel bezuschussen. So tragen Sie die Kosten nicht allein. Manche Assistenzhund-Schulen bieten Leih-Equipment, wenn Sie nach einer Operation vorübergehend eingeschränkt sind. 

Indem Sie zuerst flexible Alternativen vorschlagen, signalisieren Sie Kooperationsbereitschaft. Das erhöht die Chance, dass der Vermieter später auch größeren Umbauten zustimmt, falls sie wirklich unvermeidbar werden.

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