
Wenn die Heizung plötzlich ausfällt, ist die Versuchung groß, sofort den Notdienst zu rufen. Doch nicht jede Störung rechtfertigt die teure 24/7-Einsatzfahrt. Wer vorschnell handelt, bleibt unter Umständen auf den Kosten sitzen.
Dieser Ratgeber zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie klug vorgehen: von der richtigen Meldung an Vermieter oder Hausverwaltung über das Setzen kurzer Fristen und die lückenlose Dokumentation bis hin zur rechtssicheren „Notmaßnahme“, wenn Gefahr im Verzug ist. Sie erfahren, welche Temperatur- und Zeitrahmen Gerichte zugrunde legen, in welchen Konstellationen Sie selbst einen Handwerker beauftragen dürfen und wie Sie Ihre Ansprüche auf Kostenerstattung sichern können.
Lesen Sie in diesem Ratgeber:
Bei Heizungsausfall bleibt der Vermieter in der Pflicht, den Mangel zügig zu beheben. Sie müssen ihn informieren und ihm grundsätzlich Gelegenheit zur Reparatur geben. Nur ausnahmsweise dürfen Sie selbst handeln – nämlich bei einer Notmaßnahme, die keinen Aufschub duldet.
Melden Sie den Ausfall sofort an Vermieter oder Hausverwaltung – telefonisch und zusätzlich per E-Mail oder Messenger. Bitten Sie um umgehende Instandsetzung und setzen Sie eine kurze Frist. In Kältephasen genügen oft wenige Werktage, bei Frost kann es schneller gehen. Dokumentieren Sie alles: Datum und Uhrzeit der Meldung, Temperatur in der Wohnung (Thermometerfoto), Außentemperaturen, Namen von Kontaktpersonen, Reaktionen des Vermieters. So zeigen Sie, dass Sie den Mangel nicht „laufen lassen“.
Ein Notdienst ist nur dann angemessen, wenn Gefahr im Verzug ist oder die Wohnung ohne sofortige Hilfe unzumutbar wird. Klassische Beispiele: klirrende Kälte, Frostgefahr für Leitungen, Kleinkinder oder gesundheitlich gefährdete Personen im Haushalt – und der Vermieter ist nicht erreichbar oder veranlasst nichts.
Das Amtsgericht Münster hat in einem Winterfall mit nächtlichen Minustemperaturen entschieden, dass eine provisorische Sofortreparatur durch den Mieter zulässig war. Der Vermieter musste diese Kosten ersetzen (AG Münster, Urteil vom 30.09.2009, 4 C 2725/09).
Gesetzliche Zahlen gibt es nicht, aber die Praxis ist klar: Tagsüber sollen Wohnräume 20–22 °C erreichen, nachts reichen ca. 18 °C (je nach Gericht 17–18 °C). Diese Werte tauchen seit Jahren in Entscheidungen auf, etwa beim Landgericht Berlin (Urteil vom 05.11.1991, 65 S 9/91). Bei anhaltender Untertemperatur – besonders in der Heizperiode – entsteht ein relevanter Mangel. Reagiert der Vermieter nicht, dürfen Sie erst Frist setzen und dann weitergehende Schritte wählen.
Wer das Geld für den Notdienst nicht vorstrecken kann oder keinen Zugang zur Anlage hat, kann eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht beantragen. Gerichte entscheiden in Eilsachen oft in wenigen Tagen.
Ob ein Notdienst angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab. Gerichte schauen auf Wetter, Uhrzeit, Erreichbarkeit des Vermieters und die konkrete Gefahr. Ziel ist immer, den Zustand der Wohnung kurzfristig zu sichern. Die komplette Instandsetzung kann später erfolgen.
Fällt die Heizung an einem eisigen Wochenende aus, erreicht die Wohnung keine 20 °C und ist der Vermieter nicht erreichbar, spricht vieles für eine Notmaßnahme. In dem genannten Münster-Fall reichte die Lage für die Erstattung einer provisorischen Reparatur. Die Monteure stabilisierten die Anlage, damit Wärme zurückkehrt und keine Folgeschäden entstehen. Spätere Wartungs- oder Austauscharbeiten waren hingegen kein Notfall mehr und deshalb nicht ersatzfähig.
Faustregel: Notdienst ja für Soforthilfe gegen Kälte und Risiken. Planarbeiten erst nach Abstimmung mit dem Vermieter.
Viele Mieter glauben: Fällt die Heizung am Wochenende aus, ist das automatisch Notdienst-Sache. Das stimmt so nicht. Entscheidend ist, ob sofort gehandelt werden muss und ob der Vermieter erreichbar ist oder konkrete Anweisungen gegeben hat. Fachanwälte für Mietrecht betonen, dass ein bloßer Heizungsausfall ohne akute Gefahr oft kein Notfall ist. Wenn man mit einfachem Nachfüllen, Entlüften oder kurzfristigem Warten bis Montag auskommt, fehlt die Eilbedürftigkeit.
Selbst beauftragen ist die Ausnahme. Wenn es doch nötig wird, entscheiden Details. Wer sauber dokumentiert, kommuniziert und Kosten im Griff behält, steht am Ende besser da. So gehen Sie strukturiert vor.
Machen Sie Fotos (Thermostat, Thermometer, vereiste Fenster, Heizkörper). Notieren Sie Innen- und Außentemperaturen mit Uhrzeit. Halten Sie Telefonate und Messenger-Nachrichten mit Vermieter oder Hausverwaltung fest. Fragen Sie Nachbarn als Zeugen. Heben Sie alle Belege auf, insbesondere die Rechnung des Notdienstes mit genauer Leistungsbeschreibung. Wichtig ist die Trennung zwischen „Sofortmaßnahme“ und „späterer Reparatur“. Erstattet werden nach der Rechtsprechung nur die Aufwendungen, die unaufschiebbar waren, um den Bestand der Mietsache zu sichern.
Informieren Sie sofort – am besten über mehrere Kanäle: Anruf, E-Mail, Messenger. Schreiben Sie kurz, sachlich und mit Frist („Bitte bis morgen 12 Uhr Rückmeldung und Veranlassung; sonst muss ich zur Sicherung der Wohnung eine Notmaßnahme beauftragen“). Die Pflicht zur Fristsetzung entfällt nur, wenn eine Notmaßnahme sofort nötig ist.
Sie können oder wollen keinen Notdienst vorfinanzieren? Oder der Heizraum ist verschlossen? Dann ist das Eilverfahren beim Amtsgericht eine Option. In Kältephasen ordnen Gerichte häufig zügig Maßnahmen an, wenn der Vermieter nicht handelt. Experten für Mietrecht empfehlen, spätestens nach einigen kalten Tagen anwaltliche Hilfe zu holen und einen Eilantrag zu stellen. Das entlastet Sie finanziell und erhöht den Druck auf den Vermieter, sofort eine Firma zu schicken.
Unabhängig vom konkreten Ausfall gilt: Pauschale Kosten für eine Hausmeister-Notdienstbereitschaft darf der Vermieter nicht als Betriebskosten auf Mieter abwälzen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Es handelt sich um Verwaltungskosten, die der Vermieter selbst tragen muss (BGH, Urteil vom 18.12.2019, VIII ZR 62/19). Prüfen Sie daher Ihre Betriebskostenabrechnung kritisch. Findet sich dort eine „Notdienstpauschale“, können Sie diese Position beanstanden. Das Urteil hilft auch als Argument, wenn Vermieter mit allgemeinen Bereitschaftskosten drohen, obwohl es um eine konkrete, vom Vermieter zu veranlassende Reparatur geht.
Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema in einem FAQ zusammen.
Der Vermieter bleibt in der Pflicht, den Mangel zügig zu beheben. Mieter müssen den Ausfall sofort melden und dem Vermieter Gelegenheit zur Reparatur geben. Eigenes Handeln ist nur ausnahmsweise erlaubt – als unaufschiebbare „Notmaßnahme“, wenn Gefahr im Verzug ist.
Wenn die Wohnung ohne sofortige Hilfe unzumutbar wird oder Gefahr droht (klirrende Kälte, Frostgefahr für Leitungen, Kleinkinder/gesundheitlich gefährdete Personen) und der Vermieter nicht erreichbar ist oder nichts veranlasst. Ziel ist nur die akute Sicherung (provisorische Wärme/Schadensabwehr), nicht die vollständige Instandsetzung.
Nein. Maßgeblich sind Dringlichkeit und Erreichbarkeit des Vermieters. Gibt es konkrete Anweisungen oder helfen einfache Schritte (z. B. Entlüften/Nachfüllen) bis Montag, fehlt die Eilbedürftigkeit.
Ja, ausnahmsweise als Notmaßnahme zur akuten Sicherung. Provisorische Sofortreparaturen können ersatzfähig sein (AG Münster, 30.09.2009, 4 C 2725/09). Spätere Wartung/Austausch sind meist kein Notfall und daher nicht erstattungsfähig.
Wichtig: nur das Nötigste veranlassen und Kosten im Blick behalten.