Leerstand im Haus: Müssen Mieter höhere Nebenkosten tragen?

Steht in Ihrem Haus eine oder sogar mehrere Wohnungen leer, fragen Sie sich schnell: „Zahle ich deshalb mehr Nebenkosten?“ Die kurze Antwort lautet: Leerstand ist grundsätzlich Vermieterrisiko. Viele Kosten dürfen deshalb nicht einfach auf die verbleibenden Mieter umgelegt werden. Es gibt jedoch Ausnahmen – vor allem bei Verbrauchskosten wie Heizung und Warmwasser.
In diesem Ratgeber lesen Sie, was erlaubt ist, was nicht, welche Urteile wichtig sind und wie Sie Ihre Abrechnung prüfen.

 

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Das Prinzip: Leerstand ist Vermieterrisiko

Im Mietrecht gilt eine klare Linie: Der Vermieter trägt die finanziellen Folgen des Leerstands. Ihr Anteil an den Betriebskosten richtet sich nach dem vereinbarten Verteilerschlüssel – nicht danach, ob Nachbarwohnungen leer stehen. Bei verbrauchsabhängigen Kosten sieht es differenzierter aus. Entscheidend ist immer, wie verteilt wird und ob tatsächlich Verbrauch anfiel.

 

Fixe Betriebskosten: Anteil für Leerstand zahlt der Vermieter

Zu den „fixen“ Betriebskosten zählen etwa Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Hausstrom (Treppenhaus), Aufzug, Hausreinigung oder Müllgrundgebühren. Werden die Betriebskosten – wie gesetzlich vorgesehen, wenn nichts anderes vereinbart ist – nach Wohnfläche verteilt, muss der Vermieter den Leerstandsanteil selbst tragen. Er darf die Fläche leerer Wohnungen bei der Abrechnung nicht aus dem Nenner herausnehmen, um so die Kosten auf die übrigen Mieter zu erhöhen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich klargestellt (BGH, Urteil vom 31.5.2006, VIII ZR 159/05). 

 

Verbrauchskosten: Wenn Zähler stillstehen

Bei Verbrauchskosten (z. B. Wasser, Warmwasser, Heizung) zahlt grundsätzlich, wer verbraucht. Steht eine Wohnung leer und es wird nichts gemessen, fällt auch kein Verbrauch an. Allerdings gibt es bei Heiz- und Warmwasserkosten eine Grundkomponente (Bereitstellung). Nach der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) müssen diese Kosten zu einem festen Anteil nach Verbrauch verteilt werden. Das Mietrecht sieht vor, dass in der Regel 50–70 % der Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsabhängig und der Rest nach einem festen Maßstab – meist Wohnfläche – verteilt wird. Der BGH hat entschieden, dass selbst bei hohem Leerstand nach HeizkostenV abzurechnen ist. Die verbleibenden Mieter müssen die dadurch entstehenden Mehrkosten grundsätzlich mittragen, solange das Ergebnis nicht völlig untragbar ist (BGH, Urteil vom 10.12.2014, VIII ZR 9/14). 

Praktisch heißt das: Auch wenn wenige Haushalte „die Anlage am Laufen halten“, bleibt die gesetzliche Mischverteilung maßgeblich.

 

Wasser und Müll: Grenze bei unzumutbarer Mehrbelastung

Bei erheblichem Leerstand kann eine rein verbrauchsbasierte Umlage zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der verbleibenden Mieter führen, weil leere Wohnungen keine Verbräuche auslösen, ihre Fixkostenanteile aber „mitwandern“. In solchen Fällen muss der Vermieter den Maßstab anpassen oder den Leerstandsanteil der Fixkosten selbst tragen (BGH, Urteil vom 6.10.2010, VIII ZR 183/09). Wo die Grenze liegt, hängt vom Einzelfall ab.

Wichtig für Sie: Fällt Ihnen ein ungewöhnlicher Sprung bei Wasser- oder Müllkosten auf, lohnt sich der Blick in den Umlageschlüssel.


Umlageschlüssel und Änderungen: Was gilt für Sie?

Wie stark sich Leerstand auswirkt, hängt am Umlageschlüssel. Steht im Mietvertrag nichts anderes, wird nach Wohnfläche verteilt (§ 556a Abs. 1 BGB). Verbrauchswerte (Heizung/Warmwasser) richten sich nach der HeizkostenV. Eine einseitige Änderung des Schlüssels nur wegen Leerstand ist in der Regel unzulässig.

 

Wohnfläche, Personen, Verbrauch: So wirkt der Schlüssel

Der Verteilerschlüssel steht meist im Mietvertrag. Fehlt eine Regelung, gilt die Wohnfläche (§ 556a Abs. 1 BGB). Bei Personenzahl kann Leerstand Sonderfragen aufwerfen: Rechnet der Vermieter nach Personen ab und stehen Einheiten leer, kann aus Billigkeitsgründen auch eine fiktive Person angesetzt werden, damit der Vermieter den Leerstandsanteil mitträgt (BGH, Beschluss vom 8.1.2013, VIII ZR 180/12). Bei Verbrauch (Heizung/Warmwasser) gilt die HeizkostenV mit dem vorgeschriebenen Mischmaßstab.

Wichtig: Die Betriebskostenverordnung (BetrKV) regelt, welche Kosten umlagefähig sind. Verwaltung und Instandhaltung bleiben Vermietersache. Prüfen Sie also erstens den Schlüssel und zweitens die Umlagefähigkeit. 

 

Änderung des Schlüssels wegen Leerstand?

Vermieter dürfen den Verteilerschlüssel nicht beliebig wechseln, um Leerstand auszutarieren. Das hat der BGH mehrfach betont. Beispiel: Wurde bisher nach Gesamtwohnfläche abgerechnet, darf der Vermieter nicht plötzlich die Fläche leerer Wohnungen „herausrechnen“, damit die restlichen Mieter mehr tragen (BGH, Urteil vom 31.5.2006, VIII ZR 159/05). Bei Heizkosten ist ein Wechsel des Abrechnungsmaßstabs nur unter engen Voraussetzungen der HeizkostenV zulässig. Zudem muss der Vermieter eine Änderung vorher ankündigen.


So prüfen Sie Ihre Nebenkostenabrechnung bei Leerstand

Bevor Sie widersprechen, verschaffen Sie sich einen Überblick: Welcher Umlageschlüssel steht im Mietvertrag? Wie hoch sind die Gesamtkosten pro Position? Wurden leere Einheiten korrekt berücksichtigt? Mit wenigen Schritten erkennen Sie typische Fehler schnell.

 

Verteilerschlüssel und Gesamtfläche kontrollieren

Sehen Sie nach, ob die Abrechnung den richtigen Schlüssel nutzt (z. B. Wohnfläche, Personen, Verbrauch). Bei Wohnfläche muss der Vermieter die gesamte Gebäude- oder Abrechnungseinheit ansetzen – leere Wohnungen zählen mit. Er darf die Gesamtfläche nicht künstlich verkleinern, um die Pro-Kopf- oder Pro-m²-Belastung der verbleibenden Mieter zu erhöhen. Das gilt auch für Kostenarten wie Hausstrom, Müll oder Aufzug, solange kein individueller Verbrauch gemessen wird. Prüfen Sie außerdem, ob Gesamtkosten ausgewiesen sind und Ihr Anteil rechnerisch stimmt. Kommt Ihnen eine Position unverhältnismäßig hoch vor, notieren Sie das für die Belegeinsicht.

 

Belegeinsicht clever nutzen

Sie haben das Recht, alle Abrechnungsbelege im Original einzusehen – einschließlich Zahlungsbelegen (Kontoauszüge, Quittungen). Das hat der BGH 2020 ausdrücklich bestätigt (BGH, Urteil vom 9.12.2020, VIII ZR 118/19). Verweigert der Vermieter die Belegeinsicht, dürfen Sie eine Nachzahlung vorläufig zurückbehalten, bis Einsicht gewährt wurde. Ganz allgemeine Rückzahlungsansprüche auf bereits Geleistetes folgen daraus aber nicht automatisch. Vereinbaren Sie einen Einsichtstermin und fertigen Sie Notizen/Fotos. Bitten Sie gezielt um Verträge (z. B. Hausmeister, Müllmanagement), Rechnungen und Zahlungsbelege – gerade wenn Sie Leerstand als Kostentreiber vermuten.

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Ihre Rechte durchsetzen: Schritt für Schritt

Wenn die Abrechnung wegen Leerstand „explodiert“, handeln Sie strukturiert: Fristen wahren, konkret rügen, Belegeinsicht nutzen und – wenn nötig – Unterstützung holen. Oft lassen sich Fehler schon mit einer sachlichen Nachfrage klären.

 

Fristen: Widerspruch binnen 12 Monaten

Ihre Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung müssen spätestens innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der Abrechnung beim Vermieter sein (§ 556 Abs. 3 BGB). Diese Frist gilt auch für inhaltliche Punkte wie falsche Umlageschlüssel oder eine unzulässige Leerstandsverteilung. Achten Sie auf eine konkrete Rüge: Nennen Sie die Position, den Grund (z. B. „Leerstandsfläche aus der Gesamtfläche herausgerechnet“) und was Sie verlangen (Korrektur, Belegeinsicht). Kommt die Abrechnung selbst zu spät (mehr als 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums), kann der Vermieter keine Nachzahlung mehr verlangen. Ein Guthaben steht Ihnen dennoch zu.

 

Einwendungen formulieren – und wirtschaftliche Angemessenheit prüfen

Neben reinen Rechen- oder Schlüssel-Fehlern können Sie auch das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend machen: Vermieter müssen Betriebskosten wirtschaftlich verursachen und dürfen keine unnötig teuren Verträge zulasten der Mieter fortführen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt allerdings zunächst bei Ihnen: Zeigen Sie konkret auf, warum eine Position überhöht ist (z. B. deutlich teurer als im Vorjahr oder als ortsübliche Angebote).

Unser Tipp: Lassen Sie Ihre Nebenkostenabrechnung von einem Profi prüfen. MieterEngel ist Ihr digitaler Mieterschutz-Club, der Mieter bei Fragen zu Nebenkosten und bei der Prüfung von Nebenkostenabrechnungen unterstützt.

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