Stromdiebstahl im Mietrecht: Wann droht eine Kündigung?
In diesem Ratgeber:
- Was gilt als Stromdiebstahl?
- Anzeichen für einen Stromklau durch Nachbarn
- Stromdiebstahl – diese Konsequenzen drohen
- Stromklau – ist zunächst eine Abmahnung erforderlich?
- Urteil des Amtsgerichts Leverkusen: Auf die Höhe kommt es an
Eine Wallbox zu Hause bietet Elektroautobesitzern die bequemste Lademöglichkeit. Es kann aber auch praktisch und kostengünstig sein, das Elektroauto einfach über eine normale Haushaltssteckdose aufzuladen. Bei der Nutzung einer Gemeinschaftssteckdose können jedoch erhebliche Schäden für die Nachbarn im selben Mietobjekt entstehen. Sodann ist von einem Stromdiebstahl auszugehen. Dieser liegt vor, wenn elektrische Energie unbefugt genutzt wird, ohne dass dafür bezahlt oder eine Erlaubnis eingeholt wurde.
Ob eine solche Handlung zu einer Kündigung führen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist ein Fall, der vor dem Amtsgericht Leverkusen verhandelt und am 17. Mai 2024 unter dem Aktenzeichen 22 C 157/23 entschieden wurde. In diesem Ratgeber gehen wir näher auf das Thema Stromdiebstahl und das besagte Urteil ein.
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Was gilt als Stromdiebstahl?
Stromdiebstahl, auch als Stromklau bekannt, beschreibt die illegale Entnahme von elektrischer Energie. Dabei nutzt eine Person Strom, ohne dafür zu bezahlen oder die nötigen Genehmigungen und Verträge zu besitzen. Diese rechtswidrige Handlung kann auf verschiedene Arten erfolgen. Bei der Zählerüberbrückung wird der Stromzähler manipuliert, um einen geringeren Verbrauch vorzutäuschen oder den Zähler ganz außer Betrieb zu setzen. Die Nutzung einer Steckdose im Keller oder Flur, die von mehreren Mietern über die Nebenkostenabrechnung bezahlt wird, ist in der Praxis häufiger anzutreffen.
Anzeichen für einen Stromklau durch Nachbarn
Verschiedene Anzeichen können Vermieter und Nachbarn auf möglichen Stromdiebstahl hinweisen. Dazu gehören sichtbare Manipulationen an Stromleitungen oder Zählern, etwa lose Kabel oder beschädigte Zählergehäuse, die genau untersucht werden sollten. Nachbarn tun gut daran, ihre Vermieter auf solche Unregelmäßigkeiten aufmerksam zu machen, insbesondere wenn Kabel von gemeinschaftlichen Steckdosen in Mietwohnungen führen.
Ein ungewöhnlich hoher Stromverbrauch auf Abrechnungen im Vergleich zu anderen Mietern oder früheren Perioden kann ebenfalls auf Stromdiebstahl deuten. Skeptisch zu betrachten ist ein sprunghafter Anstieg der Hausgeldabrechnungen.
Bevor man vorschnell die Nachbarn beschuldigt und den Vermieter informiert, sollte man andere mögliche Ursachen in Betracht ziehen. Nach Renovierungsarbeiten in Wohnhäusern kann es vorkommen, dass Stromzähler falsch zugeordnet werden.
Stromdiebstahl – diese Konsequenzen drohen
Stromdiebstahl hat für Mieter schwerwiegende Folgen. Sie können zivilrechtlich belangt werden und müssen unter Umständen den finanziellen Verlust des Geschädigten ersetzen. Darüber hinaus können strafrechtliche Konsequenzen drohen, die von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen reichen.
Des Weiteren kann unrechtmäßiges Abzapfen von Strom das Mietverhältnis erheblich stören, da es einen Vertragsbruch darstellt. Bei festgestelltem Stromdiebstahl können Vermieter von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung des Mietvertrages verschiedene Maßnahmen ergreifen.
Stromklau – ist zunächst eine Abmahnung erforderlich?
Stromdiebstahl verstößt gegen die vertraglichen Pflichten eines Mieters. Laut § 543 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss vor einer Kündigung wegen Vertragsverletzung normalerweise eine Abmahnung erfolgen, damit die Kündigung rechtswirksam ist. Die Abmahnung dient dazu, dem Mieter die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu korrigieren. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel, wenn der Verstoß besonders schwerwiegend ist. In solchen Fällen kann auf eine Abmahnung verzichtet werden, und eine sofortige Kündigung ist möglich. Bei Stromdiebstahl erachten es manche Gerichte als angemessen, keine Abmahnung zu fordern.
Urteil des Amtsgerichts Leverkusen: Auf die Höhe kommt es an
Wann ein Stromdiebstahl für Mieter zu einer großen Herausforderung werden kann, stellte das Amtsgericht Leverkusen in seinem Urteil vom 17.05.2024 (Az.: 22 C 157/23) fest.
Zusammenfassung des Sachverhaltes
Der Vermieter verlangte die Räumung einer Wohnung, die von den beklagten Mietern bewohnt wurde. Er begründete dies mit einer Störung des Hausfriedens, da die Mieter ihr Elektroauto mindestens zehnmal über eine Allgemeinstromsteckdose aufgeladen hatten. Mehrere Mitmieter des Objektes machten den Vermieter durch E-Mails auf dieses Verhalten aufmerksam. Der mögliche Nachteil für die Nachbarn sind Mehrkosten, die über die Betriebskostenabrechnung auf alle Mieter umgelegt werden. Daraufhin kündigte der Vermieter das Mietverhältnis sowohl fristlos als auch vorsorglich ordentlich wegen unberechtigter Nutzung der Allgemeinsteckdose.
Das Verhalten der Mieter mache die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar, argumentierte der Vermieter und rechtfertigte damit die fristlose Kündigung. Die Mieter boten zur Wiedergutmachung einen pauschalen Schadensersatz von 600 Euro an. Der Vermieter wies dieses Angebot zurück und reichte eine Räumungsklage ein.
Kein wichtiger Kündigungsgrund – die Entscheidung
Das Amtsgericht Leverkusen hat die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung abgewiesen, da sie als unbegründet erachtet wurde. Der Vermieter habe die Mieter nicht gemäß § 543 Abs. 3 BGB abgemahnt, was eine Voraussetzung für eine fristlose Kündigung gewesen wäre.
Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB liegt nach § 569 Abs. 2 BGB vor, wenn der Hausfrieden durch eine Vertragspartei so erheblich gestört wird, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder einer anderen Beendigung nicht mehr zumutbar ist. Diese Voraussetzung sah das Gericht in diesem Fall jedoch nicht als erfüllt an, weshalb die Kündigung für unwirksam erklärt wurde.
Urteilsbegründung – auch die Höhe des Schadens maßgeblich
Grundsätzlich könne zwar ein Kündigungsgrund gegeben sein, wenn ein Mieter unberechtigt Stromleitungen anzapft und Energie verbraucht, ohne dafür zu zahlen. Das Gericht stellte aber fest, dass bei einem Stromdiebstahl ein erheblicher Schaden für den Vermieter oder die Hausgemeinschaft entstanden sein müsste, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Da weder die entnommene Strommenge noch die Dauer der Pflichtverletzung ausreichend dargelegt wurden, sei die Kündigung unwirksam. Das Gericht schätzte die Kosten für die festgestellten 10 Ladevorgänge eines Plug-in-Hybridfahrzeugs auf insgesamt 34,80 bis 42,00 Euro. Eine schwerwiegende Störung des Hausfriedens sah das Gericht nicht gegeben, weshalb eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre.
Auch eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wurde abgelehnt, da keine erhebliche Pflichtverletzung festgestellt werden konnte. Die Mieter hätten den Schaden wiedergutmachen wollen, wodurch keine Wiederholungsgefahr bestanden habe. Der durch das Verhalten verursachte Schaden lag mit unter 50 Euro zudem im geringfügigen Bereich.
Auswirkungen auf die Praxis
Eine fristlose Kündigung wegen widerrechtlicher Stromentnahme kann unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein. Dafür ist es jedoch zwingend erforderlich, dass der Vermieter den Stromdiebstahl zweifelsfrei nachweist. Dies umfasst das Festhalten von Beobachtungen, die Untersuchung von Beweismitteln wie manipulierten Stromzählern oder Leitungen sowie gegebenenfalls das Einholen von Zeugenaussagen.
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