DDR-Mietverträge und Eigenbedarf: BGH veröffentlicht neues Urteil
In diesem Ratgeber:
- Was waren die Besonderheiten des DDR-Mietrechts?
- Rechtslage heute: Sind DDR-Mietverträge weiterhin wirksam?
- BGH-Urteil zur Kündigung eines DDR-Altmietvertrags wegen Eigenbedarfs
- Wann ist eine Eigenbedarfskündigung zulässig?
- Eigenbedarfskündigung – die Rechte von Mietern
In der DDR gab es ein eigenes Mietrecht, das sich in mehreren Aspekten deutlich vom Mietrecht der Bundesrepublik Deutschland unterschied. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden zahlreiche Gesetze der DDR durch das Beitrittsgebiet-Gesetz entweder aufgehoben oder integriert. Dennoch spielen einige Regelungen aus DDR-Mietverträgen bis heute eine Rolle in der Rechtsprechung.
Eine Besonderheit des damaligen Rechts bestand darin, dass Vermieter keine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen konnten. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in diesem Jahr entscheiden, ob ein unbefristeter DDR-Altmietvertrag weiterhin vor einer solchen Kündigung geschützt bleibt (Urteil vom 13.11.2024 – Az.: VIII ZR 15/23). In diesem Ratgeber fassen wir die wichtigsten Informationen über das DDR-Mietrecht und das neue BGH-Urteil zusammen.
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Was waren die Besonderheiten des DDR-Mietrechts?
Vor der Wiedervereinigung war das Mietrecht in der DDR durch verschiedene Gesetze, Verordnungen und Anordnungen geregelt. Die zentralen Bestimmungen fanden sich im Zivilgesetzbuch der DDR sowie im Wohnungsgesetz, das den Wohnungsbau förderte und die Rechte von Mietern und Vermietern regelte. Das System war stark durch staatliche Kontrolle geprägt, mit dem Ziel, möglichst vielen Bürgern eine eigene Wohnung bereitzustellen.
Wohnungen wurden in der DDR vor allem durch sogenannte Wohnungszuweisungen verteilt. Diese wurden entweder von staatlichen Wohnungsverwaltungen oder Wohnungsgenossenschaften organisiert. Die Vergabe war an die Teilnahme an den staatlichen Aufgaben der Wohnungspolitik gekoppelt. Solche Zuweisungen hatten rechtlich den Status eines Mietvertrags.
Ein charakteristisches Merkmal der DDR-Mietverträge war die strikte Mietpreisbindung. Für Wohnungen in staatlichem oder genossenschaftlichem Besitz wurden die Mieten vom Staat festgelegt und unterlagen engen Obergrenzen.
Der Begriff des Mietmangels hatte in der DDR weniger Bedeutung als im heutigen Mietrecht. Die Rechte der Mieter bei Mietmängeln beschränkten sich meist auf Schadensersatzansprüche. Im Gegensatz dazu bieten die §§ 535-539 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im aktuellen Recht umfassendere Möglichkeiten, wie die Mietminderung oder die Kündigung, wenn Mängel vorliegen.
Rechtslage heute: Sind DDR-Mietverträge weiterhin wirksam?
DDR-Mietverträge bleiben grundsätzlich auch nach der Wiedervereinigung gültig. Sie zählen jedoch zu den sogenannten Altverträgen und unterliegen spezifischen gesetzlichen Vorgaben, die teilweise von den Regelungen für neuere Mietverträge abweichen.
Ein Verkauf des Mietobjekts hat in der Regel keine Auswirkungen auf bestehende DDR-Mietverträge. Nach dem Prinzip „Kauf bricht nicht Miete“, das in § 566 BGB verankert ist, übernimmt der neue Eigentümer automatisch die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters. Änderungen, wie etwa eine Mieterhöhung, müssen individuell zwischen dem Mieter und dem neuen Vermieter vereinbart werden.
Mieter mit einem DDR-Mietvertrag sollten sich gründlich über die geltenden Regelungen und Besonderheiten informieren. Es ist ratsam, bei Vertragsänderungen oder Unsicherheiten die Unterstützung eines Rechtsanwalts einzuholen. So lassen sich mögliche Konflikte oder Unklarheiten im Mietverhältnis rechtssicher lösen.
BGH-Urteil zur Kündigung eines DDR-Altmietvertrags wegen Eigenbedarfs
Am 13. November 2024 hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ein bedeutendes Urteil zum Mietrecht gefällt (Az.: VIII ZR 15/23). Es ging um die Kündigung eines DDR-Altmietvertrags wegen Eigenbedarfs und die Frage, ob die Vertragsklauseln aus der DDR-Zeit weiterhin gelten oder ob das bundesdeutsche Recht angewendet werden muss.
Der Sachverhalt: Mietvertrag aus DDR-Zeiten
Die Beklagten bewohnen eine Dreizimmerwohnung in Ost-Berlin, die sie im Juli 1990 auf Grundlage eines Formularmietvertrags mit einem Volkseigenen Betrieb (VEB) angemietet hatten. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und sah eine Beendigung des Mietverhältnisses nur durch gegenseitige Vereinbarung, Kündigung durch den Mieter oder gerichtliche Aufhebung vor. Diese Regelung stützte sich auf das damals gültige Zivilgesetzbuch der DDR.
Der klagende Vermieter erwarb die Wohnung und trat in das Mietverhältnis ein. In den Jahren 2020 und 2022 kündigte er das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Während das Amtsgericht der Räumungsklage zustimmte, wies das Landgericht Berlin diese ab. Das Berufungsgericht argumentierte, dass die Eigenbedarfskündigung des Klägers nicht den strengen Anforderungen des DDR-Mietrechts entspräche, das gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe voraussetzte.
Das Urteil: Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und stellte klar, dass eine Eigenbedarfskündigung von DDR-Altmietverträgen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu beurteilen ist. Grundlage dafür ist die Übergangsvorschrift des Art. 232 § 2 EGBGB, die seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gilt. Das BGB sieht vor, dass eine Eigenbedarfskündigung zulässig ist, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Haushaltsmitglieder benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Der Zivilsenat betonte, dass die bundesdeutschen Regelungen die mietrechtlichen Vorgaben der DDR vollständig ersetzen. Eine fortwährende Anwendung der DDR-Regelungen wäre mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Übergangsbestimmungen unvereinbar. Das Berufungsgericht wurde angewiesen, den Fall erneut zu prüfen und festzustellen, ob der Eigenbedarf des Klägers tatsächlich vorliegt.
Wann ist eine Eigenbedarfskündigung zulässig?
Eine Kündigung wegen Eigenbedarf zählt zu den wenigen Fällen, in denen Vermieter eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können. Sie basiert auf dem sogenannten berechtigten Interesse des Vermieters, den Mietvertrag aufzulösen.
Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung selbst nutzen oder sie nahen Verwandten überlassen möchte. Zu diesen Verwandten gehören unter anderem Kinder, Eltern, Geschwister, Enkel oder auch Nichten.
In einigen Fällen kann der Kreis der berechtigten Personen erweitert werden. So ist eine Eigenbedarfskündigung beispielsweise auch zugunsten von Ehepartnern möglich. Ob diese Kündigung rechtmäßig ist, hängt jedoch von der konkreten Beziehung zum Eigentümer ab und wird im Zweifel gerichtlich geprüft.
Eigenbedarfskündigung – die Rechte von Mietern
Mieter haben verschiedene Möglichkeiten, auf eine Eigenbedarfskündigung zu reagieren. Zunächst sollten sie die angegebenen Gründe genau prüfen und überlegen, ob ein Widerspruch gerechtfertigt ist. Wenn der Umzug unzumutbare Belastungen bedeutet oder die Gründe für den Eigenbedarf zweifelhaft erscheinen, bestehen gewisse Chancen.
Ein Härtefall kann vorliegen, wenn der Mieter schwer erkrankt ist, bereits seit vielen Jahren in der Wohnung lebt oder stark in das soziale Umfeld integriert ist. Auch das Fehlen einer geeigneten Ersatzwohnung oder finanzielle Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu finden, können als Härtefall gelten. Überwiegen die Interessen des Mieters die des Vermieters, wird der Eigenbedarf möglicherweise nicht anerkannt.
Reicht ein Mieter einen Widerspruch ein, muss dieser vom Vermieter berücksichtigt werden. Wird der Widerspruch ignoriert, ist es sinnvoll, einen Anwalt für Mietrecht zu konsultieren, um die eigenen Rechte durchzusetzen.
MieterEngel – Expertenhilfe bei Eigenbedarfskündigungen und mehr
Wer eine Kündigung vom Vermieter erhält, sollte zunächst ruhig bleiben und schnell rechtlichen Beistand suchen. Nicht jede Eigenbedarfskündigung hält einer genauen Prüfung stand! Eine Kündigung muss formale Anforderungen erfüllen und einen rechtlich anerkannten Kündigungsgrund enthalten. Ein Anwalt für Mietrecht kann prüfen, ob der Auszug tatsächlich notwendig ist. Selbst bei einer wirksamen Kündigung kann er den Mieter bei einem Härteeinwand unterstützen.
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