Betriebskostenabrechnung – was das Mietrecht zur Belegeinsicht regelt
In diesem Ratgeber:
- Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung
- Haben Mieter ein Recht auf Belegeinsicht?
- Ort der Belegeinsicht – das ist zu beachten
- Welche Belege müssen Vermieter offenlegen?
- Vermieter gewährt keine Belegeinsicht – das können Mieter tun
- Streit um Mietkaution – darum ging es in dem aktuellen Urteil
Die Betriebskosten sind ein wesentlicher Bestandteil jedes Mietverhältnisses. Sie legen fest, welche zusätzlichen Kosten der Mieter neben der Grundmiete zu tragen hat. Viele Mieter sind unsicher, welche Nebenkosten tatsächlich zulässig sind und wie sie die korrekte Abrechnung des Vermieters überprüfen können. Letztlich wird durch die Belegeinsicht, also die Einsichtnahme in die einzelnen Belege der Betriebskostenabrechnung, Klarheit geschaffen. Hier gibt es aber ein enormes Konfliktpotential. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11. Juli 2024 unter dem Aktenzeichen 49 C 410/23 befasst sich mit verschiedenen Fragen zur Belegeinsicht und gibt klarstellende Antworten. In diesem Ratgeber gehen wir ausführlicher auf das Thema und Ihre Rechte als Mieter ein.
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Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung
Die Abrechnung der Betriebskosten muss eine übersichtliche Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Sie umfasst im Idealfall
- die Auflistung der Gesamtkosten
- die Angabe und Erläuterung der angewandten Verteilerschlüssel,
- die Berechnung des Anteils des Mieters und
- den Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.
Eine Betriebskostenabrechnung gilt als formell wirksam, wenn ein durchschnittlicher Mieter fähig ist, die verwendeten Verteilerschlüssel der einzelnen Kostenpositionen zu verstehen und seinen Anteil an den Gesamtkosten selbst nachzurechnen. Davon zu unterscheiden ist die materielle Wirksamkeit der Abrechnung, also die Frage, ob die aufgeführten Betriebskostenpositionen dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt sind oder ob sonstige Fehler vorliegen. Die Abrechnung wäre zum Beispiel materiell fehlerhaft, wenn ein unzutreffender Anteil an den Gesamtkosten angesetzt worden wäre.
Statistischen Erhebungen zufolge ist jede zweite Nebenkostenabrechnung fehlerhaft. Die Folge: Mieter zahlen mehr, als sie müssten. Für Laien ist es jedoch schwierig, mögliche Fehler und Ungereimtheiten zu erkennen. Eine anwaltliche Beratung, wie sie über eine Mitgliedschaft bei MieterEngel in Anspruch genommen werden kann, schafft Rechtssicherheit.
Haben Mieter ein Recht auf Belegeinsicht?
Ein Vermieter ist nicht verpflichtet, die Belege einer Nebenkostenabrechnung unaufgefordert beizufügen. Jedoch muss er, wenn er dazu aufgefordert wird, dem Mieter die Belege zugänglich machen. Nach § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine „geordnete Zusammenstellung“ der Belege erforderlich. Demnach ist ein ungeordneter Stapel von Papieren in einem dicken Ordner nicht ausreichend.
Vom Vermieter selbst erstellte Belege, wie etwa Kostenaufstellungen in Excel-Tabellen, gelten nicht als ausreichender Kostennachweis und müssen vom Mieter nicht anerkannt werden. Fehlen Belege, fällt dies zu Lasten des Vermieters.
Das Recht auf Einsicht in die Belege ist an die Widerspruchsfrist für Nebenkostenabrechnungen gekoppelt, welche üblicherweise zwölf Monate beträgt. Diese Frist setzt am Tag ein, an dem der Mieter die Abrechnung erhält.
Ort der Belegeinsicht – das ist zu beachten
Die Einsichtnahme in die Belege kann entweder in den Räumlichkeiten des Vermieters oder dessen Hausverwaltung stattfinden. Laut einem Urteil des Amtsgerichts München (Aktenzeichen: 412 C 34593/08) ist es zulässig, dort eigene Kopien mittels Fotos oder Scans zu erstellen oder sich von einer vertrauten, sachkundigen Person begleiten zu lassen. Nach dem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11.07.2024 (Aktenzeichen: 49 C 410/23) sind Mieter einer Hamburger Wohnung nicht dazu verpflichtet, für die Belegeinsicht nach Leipzig zu reisen. Es obliegt dem Vermieter, die Einsichtnahme in die Belege in seinem Hamburger Büro zu ermöglichen.
Was aber, wenn der Vermieter unzählige Kilometer vom Mietobjekt entfernt wohnt und keine Hausverwaltung vor Ort ist? Mit dieser Frage haben sich schon verschiedene Gerichte beschäftigt. Ist der Wohnsitz des Vermieters weit vom Standort der Mietwohnung entfernt, muss die Einsicht am Standort des Mietobjekts ermöglicht werden. Zudem ist es erforderlich, dass der Vermieter einen Termin innerhalb der üblichen Bürostunden anbietet. So entschied das Amtsgericht Wuppertal mit Urteil vom 02.12.2020 (Aktenzeichen: 97 C 154/20).
Nach einem Urteil des Amtsgerichts Höxter gilt es als unzumutbar, dass ein Mieter zur Belegeinsicht in die Räumlichkeiten des Vermieters fahren muss, wenn diese 65 km von seiner Wohnung entfernt sind (Urteil vom 13.10.2021, Aktenzeichen: 10 C 154/21).
Welche Belege müssen Vermieter offenlegen?
Vermieter müssen grundsätzlich alle für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung relevanten Belege offenlegen. Zu diesen Belegen können gehören:
- Rechnungen
- Hausmeister-, Versicherungs-, oder Wartungsverträge
- Lieferscheine
- Ableseprotokolle
- Quittungen und Kassenbons
- Bestätigungen von Überweisungen
Vermieter gewährt keine Belegeinsicht – das können Mieter tun
Wenn der Vermieter die Einsicht in Belege vor Ort verwehrt oder die berechtigt angeforderten Kopien nicht übermittelt, kann eine daraus resultierende Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung gerichtlich nicht durchgesetzt werden. Dem Mieter steht in solchen Fällen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu. Dies betrifft auch die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen.
Eine Verweigerung der Belegeinsicht liegt auch vor, wenn
– dem Mieter nicht genügend Zeit für die Einsichtnahme eingeräumt wird,
– einzelne Belege fehlen,
– diese nicht im Original vorhanden sind oder
– der Vermieter auf festgesetzte Termine nicht reagiert.
Um rechtliche Auseinandersetzungen oder mögliche Kündigungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, etwaige Nachzahlungsforderungen unter Vorbehalt zu begleichen. Dies sichert Ihnen das Recht, die Abrechnung später zu überprüfen und eventuell zu viel gezahlte Beträge zurückzufordern. Im Idealfall sollte jedoch vor einem solchen Schritt eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden.
Streit um Mietkaution – darum ging es in dem aktuellen Urteil
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Hamburg (Aktenzeichen: 49 C 410/23) stand die Rückforderung einer Mietkaution in Höhe von 2.565,45 Euro. Die Klägerin, als Erbin der verstorbenen Mieterin, verlangte die Auszahlung der Kaution nach dem Ende des Mietverhältnisses am 31. August 2022. Die Vermieterin lehnte die vollständige Auszahlung ab und verwies auf ausstehende Beträge aus der Betriebskostenabrechnung.
Das Gericht entschied weitgehend zugunsten der Mieterin und verpflichtete die Beklagte, 1.159,65 Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen. Ein zentraler Aspekt des Urteils war das Recht der Mieterin auf Einsicht in die Belege der Betriebskosten. Die Klägerin hatte Einwände gegen die Nachzahlung aus der Abrechnung für 2021 erhoben und hielt diese zurück, während sie die Vermieterin aufforderte, ihr die Einsicht in die vollständigen Belege zu gewähren. Dies wurde aber unterlassen.
Das Gericht machte deutlich, dass die Einsicht in Belege ein integraler Bestandteil einer ordnungsgemäßen Abrechnung gemäß § 259 Abs. 1 BGB ist. Der Vermieter ist verpflichtet, bei der Terminfindung für die Belegeinsicht aktiv mitzuwirken und diese zu ermöglichen. Die Ansicht der Beklagten, dass der Mieter bei ausbleibender Reaktion des Vermieters selbst aktiv werden müsse, wurde als falsch angesehen.
Zudem betonte das Gericht, dass die geschuldete Belegeinsicht umfassend ist. Sie muss nicht nur Rechnungen, sondern auch die zugrunde liegenden Verträge, Leistungsverzeichnisse, Überweisungsbelege sowie Daten über Flächen und Verbrauch anderer Wohnungen im Gebäude umfassen.
MieterEngel – Ihr digitaler und innovativer Mieterschutz
Die Überprüfung der Nebenkostenabrechnung stellt für Mieter aufgrund ihrer Komplexität eine große Herausforderung dar. Häufig treten Fehler auf, wie beispielsweise einfache Rechenfehler, überhöhte Ansätze oder gar nicht zulässige Posten.
Es empfiehlt sich immer, die Nebenkostenabrechnung genau zu überprüfen. Sollte diese zu hoch ausfallen, steht dem Mieter eine Rückerstattung zu. Ist sie hingegen zu niedrig, ist nur der geringere, ursprünglich ausgewiesene Betrag fällig. Eine verspätet zugestellte Abrechnung muss nicht beglichen werden, was natürlich vorteilhaft ist.
Falls Ihnen in der Abrechnung ungewöhnliche Posten auffallen, können Sie Einsicht in sämtliche zugrundeliegende Belege fordern, die Ihr Vermieter zur Erstellung der Abrechnung herangezogen hat. Möglicherweise ziehen Sie es jedoch vor, Ihre Zeit anders zu nutzen. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann diese Prüfung für Sie durchführen und Ihnen somit sowohl Geld als auch Mühe sparen. Bei einer Mitgliedschaft bei MieterEngel ist die Überprüfung der Nebenkostenabrechnung inklusive. Auch bei anderen Fragen zum Mietvertrag stehen Ihnen unsere Fachanwälte gerne zur Verfügung.