Eine Kündigung ohne explizite Fristangabe klingt für viele Mieter zunächst verwirrend. Oft stellt man sich die Frage: „Ist das überhaupt wirksam?“ Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 10. April 2024 (Az.: VIII ZR 286/22) ein Urteil gefällt, das für Klarheit sorgt. Die Entscheidung bestätigt, dass auch eine Kündigung ohne konkrete Frist rechtlich Bestand haben kann. Was bedeutet das für Sie als Mieter? Welche Schritte sollten Sie gehen, um keine Nachteile zu erleiden? Dieser Artikel beantwortet die wichtigsten Fragen – verständlich und praxisnah.
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Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 10. April 2024 (Az.: VIII ZR 286/22) festgelegt, dass eine Kündigungserklärung auch ohne ausdrückliche Angabe der Kündigungsfrist wirksam sein kann. Für Mieter klingt das zunächst bedrohlich, weil man schnell an eine „formale Lücke“ denken könnte, die den Kündigungsprozess für Vermieter leichter macht. Doch das Gericht betonte, dass die eindeutige Erklärung des Kündigungswillens im Fokus stehe. Sobald klar ersichtlich ist, dass das Mietverhältnis beendet werden soll, gilt das Kündigungsschreiben als wirksam.
Warum ist diese Entscheidung so relevant? Zuvor war oft unklar, ob eine fehlende Frist automatisch zur Unwirksamkeit einer Kündigung führt. Viele Mieter sahen darin eine Möglichkeit, gegen formfehlerhafte Kündigungen vorzugehen. Nun hat der BGH das Thema auf eine einfache Grundregel reduziert: Die Kündigung muss schriftlich und unmissverständlich sein – mehr nicht. Das erleichtert zwar den Vermietern die Formalitäten, kann aber gleichzeitig zu Unsicherheiten bei Mietern führen. Denn wer nicht genau weiß, ab wann die Kündigung greift, könnte sich verkalkulieren. Deshalb ist es wichtig, die rechtlichen Hintergründe zu kennen und sich bei Bedarf beraten zu lassen.
Als Mieter möchten Sie natürlich genau wissen, ab wann Sie ausziehen müssen oder wann Sie ein neues Zuhause suchen sollten. Normalerweise ist eine Kündigungsfrist im Schreiben angegeben, sodass Sie sich auf den letzten Tag im Mietobjekt vorbereiten können.
Der maßgebliche Punkt ist, dass sich eine Kündigungsfrist gesetzlich oder vertraglich ableiten lässt. Die meisten Mietverträge beziehen sich direkt auf die gesetzlichen Fristen gemäß § 573c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das bedeutet konkret: Auch wenn im Kündigungsschreiben kein Datum steht, können Sie anhand der üblichen Dreimonatsfrist berechnen, wann das Mietverhältnis endet. Wenn Sie seit fünf Jahren in der Wohnung leben, beträgt die vom Vermieter einzuhaltende Kündigungsfrist sechs Monate. Nach einer Mietdauer von acht Jahren verlängert sie sich auf neun Monate. In einigen Fällen gelten abweichende Regelungen, etwa wenn im Mietvertrag eine längere oder kürzere Frist vereinbart wurde oder ein Sonderkündigungsrecht greift. Wichtig ist dabei immer, dass die Frist „bestimmbar“ ist.
Für Sie als Mieter bedeutet diese Rechtsprechung vor allem eines: Wenn Sie ein Kündigungsschreiben erhalten, das keine explizite Frist nennt, sollten Sie umgehend klären, welche Frist nun wirklich greift. Ein schriftlicher Hinweis an den Vermieter ist ratsam. So können Sie vermeiden, dass Unklarheiten über das Ende des Mietverhältnisses entstehen und Sie plötzlich vor verschlossener Tür stehen oder noch Miete zahlen müssen, obwohl Sie längst ausziehen wollten.
Nach deutschem Mietrecht – genauer § 568 BGB – muss jede Kündigung schriftlich erfolgen. Das heißt, sie muss eigenhändig unterschrieben sein und klar den Willen zur Beendigung des Mietverhältnisses ausdrücken. Bisher galt in der Praxis oft die Auffassung, dass eine Kündigung ohne Angabe der Frist mindestens Zweifel an ihrer Wirksamkeit weckt. Einige Gerichte urteilten, dass der Empfänger einer Kündigung wissen müsse, zu welchem Zeitpunkt er mit der Räumung rechnen muss.
Das BGH-Urteil stellt nun klar: Entscheidend ist ausschließlich, dass sich der Wille zur Vertragsbeendigung eindeutig aus dem Schreiben ergibt. Die genaue Frist kann sich auch aus den gesetzlichen Regeln oder dem Mietvertrag ergeben. So soll verhindert werden, dass Vermieter an zu hohen formalen Hürden scheitern und Mieter sich auf formale Fehler berufen, um eine Kündigung abzuwenden.
Natürlich bedeutet das nicht, dass jede beliebige Formulierung ausreichend ist. Auch der BGH betonte, dass das Schreiben klar und verständlich sein muss.
Auf den ersten Blick scheint dieses Urteil vor allem den Vermietern in die Karten zu spielen. Eine Kündigung ohne Fristangabe kann nun kaum noch wegen formaler Fehler unwirksam sein. Doch auch Mieter können von dieser neuen Rechtslage profitieren. Beispielsweise ist es nun weniger wahrscheinlich, dass beide Parteien in einen langwierigen Streit über formale Details geraten, der hohe Kosten und Stress verursacht.
Dennoch bergen solche Kündigungen ohne Fristangabe gewisse Risiken für Mieter. Das größte Risiko besteht in der Unklarheit: Wenn keine exakte Frist kommuniziert wird, kann es passieren, dass Sie als Mieter sich verkalkulieren. Vielleicht gehen Sie von einem späteren Auszugsdatum aus, obwohl die Frist schon früher abläuft. Umgekehrt könnten Sie schon nach Ersatzwohnungen suchen, obwohl Sie noch einige Monate Zeit haben.
Deshalb ist es sinnvoll, proaktiv auf den Vermieter zuzugehen und nach einer schriftlichen Bestätigung zu fragen, welches Enddatum gelten soll. So reduzieren Sie das Risiko von Missverständnissen. Außerdem ist es hilfreich, den Mietvertrag genau zu prüfen. Steht dort eine konkrete Frist (meist drei Monate) oder gibt es eine abweichende Regelung? Wenn Unklarheiten bestehen, kann eine kurze Beratung bei einem Rechtsanwalt schnell Klarheit verschaffen.
Auch wenn das Urteil des BGH eindeutig sagt, dass eine Fristangabe nicht zwingend erforderlich ist, sollten Sie als Mieter trotzdem auf Eindeutigkeit achten, falls Sie selbst kündigen möchten. Folgende Informationen gehören in ein Kündigungsschreiben, damit keine Zweifel an Ihrer Absicht bestehen:
Vergessen Sie nicht, die Kündigung möglichst so zuzustellen, dass Sie einen Nachweis über den Empfang haben. Ein Einschreiben oder die persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung sind daher empfehlenswert. So können Sie später belegen, dass und wann die Kündigung zugegangen ist.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. April 2024 (Az.: VIII ZR 286/22) vereinfacht das Mietrecht in Bezug auf formale Anforderungen an Kündigungsschreiben. Eine ausdrückliche Angabe der Kündigungsfrist ist nicht zwingend erforderlich, sofern sich die Frist aus den gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen ergibt. Für Sie als Mieter bedeutet das jedoch in erster Linie, dass Sie genauer hinsehen müssen, wenn Ihnen eine Kündigung ohne Fristangabe zugeht.
Holen Sie rasch Informationen ein, etwa bei einem Anwalt oder direkt beim Vermieter selbst, um Missverständnisse zu vermeiden. Denken Sie daran, dass auch Sie sich nicht auf formale Fehler berufen können, wenn die Absicht des Vermieters klar erkennbar ist. Unter Umständen kann das ein Nachteil sein, wenn Sie darauf gehofft hatten, die Kündigung wegen einer fehlenden Fristangabe abzuweisen.
Gleichzeitig sollten Sie bei Ihren eigenen Kündigungen Wert auf Klarheit legen: Geben Sie stets das gewünschte Mietende an, fordern Sie eine schriftliche Bestätigung ein und beachten Sie die gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Fristen. Auch wenn das Urteil Spielraum bietet, hilft eine genaue Kommunikation jedem Beteiligten, Unsicherheiten zu reduzieren.