Energiekrise aus Mietersicht – erklärt vom Fachanwalt für Mietrecht

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von Gabriel Fischer

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In diesem Ratgeber:


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Gesetzesänderungen zur Energiekrise

Gibt es aufgrund der Energiekrise ein zweites Mietmoratorium?

Ein besonderer mehrmonatiger Kündigungsschutz, wie er zwischen dem 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie galt, ist derzeit nicht vorgesehen. Auch unter dem Druck von höheren Vorauszahlungen und auch bei durch die Inflation gestiegenen Mieten durch sog. Indexmietvereinbarungen gelten damit aktuell die bisherigen gesetzlichen Kündigungsregelungen. Durch eine Stundung der Miete, bzw. von Nebenkostenvorauszahlungen oder -nachforderungen wäre das Problem der Zahlung am Ende auch nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Daher ist eine Empfehlung, das Gespräch mit dem Vermieter bei Zahlungsschwierigkeiten zu suchen.

Kann Mietenden aufgrund von nicht gezahlter Nebenkosten gekündigt werden? 

Prinzipiell ist eine Nachzahlung – auch wenn sie mehrfach über dem Nachzahlungsbetrag des Vorjahres lag – sofort fällig. Das bedeutet, Mietende haben nach Erhalt einer Nebenkostenabrechnung im Falle einer Nachzahlung auch umgehend diese zu leisten. In Verzug ist man ab Erhalt einer solchen Abrechnung bereits nach 30 Tagen. Die Nebenkosten sieht der Gesetzgeber insofern als Teil der – wenn auch nicht monatlich wiederkehrenden – Miete, als dass eine Nichtzahlung als Verletzung der Vertragspflicht angesehen wird. 

Damit gilt, wenn der Rückstand mehr als eine Monatsmiete (Warmmiete) umfasst, ist ein Grund für eine außerordentliche und auch für eine ordentliche Kündigung durchaus denkbar.

Was, wenn der Mietende nicht ausziehen kann?  

Der Vermieter kann beim zuständigen Amtsgericht – dasjenige, in dessen Bezirk die Mietwohnung liegt – eine Räumungsklage erheben. Dann entscheidet das Gericht über die Wirksamkeit der Kündigung.

Ignoriert der Mietende die Klage, kann es schnell gehen und nach wenigen Wochen ein Versäumnisurteil vorliegen und nach etwa einem weiteren Monat kann der Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen. Theoretisch kann ein Räumungsklageverfahren auch länger gehen, das hängt vom zuständigen Gericht und vor allem von der Gegenwehr der Mietenden ab.

Droht Obdachlosigkeit aufgrund von Energieschulden? 

In den meisten Städten werden bei  Erhebung einer Räumungsklage die Behörden informiert. Hier kümmert sich also das Sozialamt und vor allem, wenn Kinder involviert sind, das Jugendamt, damit es zu diesem Szenario nicht kommt. Tatsächlich ist mir aus meiner Praxis kein Fall bekannt, in dem es wirklich zu einer Obdachlosigkeit von Mietenden gekommen ist. 

Welche letzte Rettung besteht durch “Heilung” der Kündigung?

Eine außerordentliche Kündigung können Mietende bis zwei Monate nach Erhalt der Räumungsklage durch eine Zahlung sämtlicher Mietrückstände heilen, also unwirksam machen, vgl. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB.  

Wichtig: Eine ordentliche Kündigung jedoch können Mietende nach dem aktuellen Stand der Gesetzgebung nicht heilen. Hier sollte man beachten, dass mancher Vermieter bei Schulden gleichzeitig eine außerordentliche und ordentliche Kündigung ausspricht. Die ordentliche Kündigung besteht dann auch bei Heilung der außerordentlichen Kündigung, also Schuldenbegleichung, weiter. 

Ausnahme nach Kündigung Stillschweigendes Verlängern nach  § 545 BGB

Nach § 545 BGB gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn trotz einer Kündigung der Mieter wohnen bleibt, und der Vermieter dies ohne weitere Aufforderung zur Räumung, d.h. ohne Widerspruch, hinnimmt. Allerdings beinhalten viele Kündigung von Vermietern bereits den Hinweis, dass der Fortsetzung nach § 545 BGB ausdrücklich widersprochen wird. Auch der Mietvertrag selbst kann einen solchen Ausschluss bereits beinhalten.


Wichtigste Änderung bisher: Beheizen der Wohnung.

Abgesehen von den im Entlastungspaket der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen, die auch Mietenden indirekt betreffen, gibt es bislang vor allem eine mietrechtliche Anpassung in Bezug auf das Beheizen des Mietobjekts:

Welche neue Regelung gilt für Vermieter in der Energiekrise?

Generell ist es die Pflicht des Vermieters, für eine Beheizbarkeit des Mietobjekts zu sorgen. Bislang hat die Rechtsprechung angenommen, dass die Behaglichkeitstemperatur in einem Mietobjekt zwischen 20 und 22 Grad liegt. Der Vermieter musste bislang also für eine Beheizbarkeit des Mietobjekts in diesem Temperaturbereich sorgen. Das gilt für den Zeitraum der Heizperiode vom 01. Oktober bis zum 30. April. Diese Behaglichkeitstemperatur wurde auch in zahlreichen Mietverträgen in Klauseln festgehalten. Aber mit der neuesten Anpassung auf Grund der Energiekrise sind Vermieter daran nicht mehr gebunden und dürfen den Behaglichkeitsbereich um 2 Grad unterschreiten.

Wie ändert sich die Heizpflicht für Mieter?

Mietende haben trotz gestiegener Energiekosten weiter die Pflicht, mit dem Objekt sorgfältig umzugehen. Das bedeutet, dass sie auch heizen müssen. Abgesehen davon, dass eine Wohnung, die gar nicht beheizt ist, doch relativ ungemütlich wird, gilt auch für Mietende Stand heute 18 Grad als das neue Normal.

Risiko Zahlungsunfähigkeit des Vermieters

Ein durchaus realistisches Risiko birgt die derzeitige Situation hinsichtlich einer Zahlungsunfähigkeit auf Vermieterseite. Wenn sich Heizkosten vervielfachen, so muss der Vermieter auch mit diesen gestiegenen Kosten Vorleistung gehen. Große Immobilienunternehmen werden dies u.U. abfedern können. Private Eigentümer befinden sich jedoch vielleicht selbst in der Situation, dass ihre Immobilienfinanzierung knapp kalkuliert ist und können derartige Mehrbelastungen nicht stemmen. Natürlich sind Vermieter dennoch nicht von der Versorgungspflicht befreit. In einem Extremfall, sprich dem Zahlungsausfall des Vermieters, könnte hier der Versorger aber die Belieferung mit Brennstoff oder auch mit Strom abstellen.

Beim Beispiel Strom ist der Fall hier häufig so, dass der Mieter für den Vermieter in die Direktzahlung eintritt, wenn der Stromversorger die Lieferungen einstellen will. Diese Zahlungen sollte man später – formal korrekt natürlich – von Miete oder Nebenkostenabrechnung wieder abziehen, also einbehalten.

Der Weg einer Klage gegen den Vermieter aufgrund unterlassener Versorgung mit Strom oder Wärme ist mangels Praktikabilität nicht zu empfehlen. Zum einen dauern derartige Verfahren auch im Wege der einstweiligen Verfügung einige Zeit, in der es dann kalt ist oder der Strom fehlt. Zum anderen ist bei einem zahlungsunfähigen Vermieter kaum eine schnelle Zahlung zu erwarten.


Was Mieter jetzt tun können:

Fakt ist, dass man bereits jetzt auf die Energiepreise reagieren kann und wohl auch sollte. Die Abrechnung für 2021 muss erst bis zum 31.12.2022 erstellt werden. Die Abrechnung für 2022 muss dementsprechend erst zum 31.12.2023 vorliegen. Mit einer dann vorliegenden Nachzahlung erst zu reagieren, das wäre dann zu spät. Auf Preissteigerungen, wie wir sie jetzt sehen, sollte daher jetzt bereits im Rahmen des Möglichen reagiert werden, bspw. durch eine Veränderung des eigenen Nutzungsverhaltens.

Proaktiv eine Vereinbarung treffen…

… für Ratenzahlung bei einer hohen Betriebskostenabrechnung
Generell können Mieter und Vermieter sowohl für die Nachzahlung als auch für die Erhöhung der Vorauszahlungen bei den Nebenkosten eine einvernehmliche Vereinbarung treffen.

Ich empfehle Mietenden, die eine Nachzahlung erhalten haben, die sie nicht auf einmal stemmen können, hier das Gespräch zu suchen und mit einem Angebot auf den Vermieter zuzugehen. Denkbar ist hier ein Abbezahlen der Summe über 3, 6 oder 10 Monate beispielsweise. Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern aktiv die Ratenzahlung suchen, das gibt einem Vermieter das Gefühl, dass Mietende den Willen zur Zahlung haben.

… für eine bereits jetzt erhöhte Vorauszahlung
Paragraph 560 Absatz 4 des BGB besagt, dass eine Erhöhung der Vorauszahlungen nur nach einer erhöhten Abrechnung möglich ist. Da die Abrechnung allerdings erst 12 Monate nach dem Abrechnungszeitraum fällig wird, ist diese Erhöhungsmöglichkeit in der Praxis kein gutes Mittel, um auf die aktuelle Situation zu reagieren. Rechtlich dürfen Vorauszahlungen also nicht einfach unterjährig erhöht werden. Dies kann auch wieder nur aus dem Dialog mit dem Mieter gemeinsam beschlossen werden. Formal bietet sich hier ein Nachtrag zum Mietvertrag an, in dem neue Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart werden. Mietende müssen das natürlich nicht machen, es kann sich aber anbieten, will man nicht von einer hohen Nachzahlung überrascht werden.

Bei Zahlungsunfähigkeit des Vermieters – Energieversorger selber bezahlen
In der Situation, in der der Vermieter mit der hohen Rechnung der Energieversorger überfordert ist, empfehle ich Mietenden, nun für Gas, was ich in der Vergangenheit für Strom bereits empfohlen habe: hier kann man alleine oder als Gruppe aus mehreren Mietparteien in einem Mehrfamilienhaus, einen Vertrag direkt mit dem Versorger schließen und anfallende Kosten von der Miete in Abzug bringen.

Selbst investieren
Wer einen engagierten und verantwortungsvollen Vermieter hat, kann gemeinsam über energetische Sanierung sprechen. Doch nicht jeder Vermieter wird nun in eine Wartung der Heizung oder eine Abdichtung der Fenster investieren. Hier sollte man Mängel nicht ignorieren. Gerade, wenn sie sich auf die Heizungkosten auswirken, sollte man sie spätestens jetzt anzeigen. Einige DIY-Tricks gibt es, die man selbst nach einem Baumarktbesuch angehen kann. Diese sollte man nur in Abstimmung mit dem Vermieter vornehmen.

Energie sparen und aufklären
In diesen Tagen gibt es viele Tipps zum Energie sparen. Und auch wenn einige Empfehlungen unscheinbar daherkommen, können sie in der Summe helfen. Auch lohnt es sich, in der Nachbarschaft auf Sparideen hinzuweisen. Beispielsweise spart das Absenken der Raumtemperatur um nur 1 Grad bereits 6% an Energie. Wer in einem Mehrfamilienhaus eine anteilige Kostenaufstellung bekommt, zahlt auch dafür, wenn die Nachbarn bei offenem Fenster heizen.


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